89 Nachwuchs-Lehrkräfte haben sich für eine der zwölf pädagogischen „Feuerwehr-Stellen“ im Kreis beworben

Kreis Segeberg. Die pädagogische Feuerwehr wird wiederbelebt. Landesweit sollen sogenannte Springer-Lehrer einspringen, wenn Lehrer erkranken. Damit will Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende dem Unterrichtsausfall begegnen und junge Lehrer an das nördlichste Bundesland binden. Denn die Nachwuchskräfte werden verbeamtet und sollen nach etwa zwei Jahren eine der 125 festen Planstellen bekommen, die nach den ursprünglichen Plänen wegfallen sollten, nun aber besetzt werden, wenn Pädagogen aus Altersgründen ausscheiden. „Mit der mobilen Vertretungsfeuerwehr verbessern wir die Unterrichtsversorgung im Land und geben jungen Pädagogen eine Perspektive“, sagt die Ministerin. Viele wandern nach Hamburg oder Niedersachsen ab, weil sie dort bisher im Unterschied zu Schleswig-Holstein unbefristete Verträge erhielten.

In den elf Landkreisen und kreisfreien Städten sollen jeweils fünf bis sechs Springer-Lehrer arbeiten. Jedem Feuerwehr-Pädagogen wird eine Stammschule zugewiesen, darüber hinaus soll er vier oder fünf Schulen im Umkreis betreuen und den Unterricht aufrechterhalten, wenn die Stammkraft ausfällt. „Es kommt immer wieder mal vor, dass eine Lehrerin schon vor der Elternzeit aus Immunschutzgründen nicht mehr in die Schule darf. Oder ein Kollege fällt nach einer Bein-Operation für Wochen aus“, sagt Segebergs Schulrätin Adelia Schuldt.

Da die Feuerwehr-Lehrer schon vor Jahren abgeschafft worden waren, haben sich die Schulen auf andere Weise beholfen. Sie haben Männer und Frauen beschäftigt, die nicht als Lehrer ausgebildet waren. „Das war allerdings die absolute Ausnahme, kreisweit war das vielleicht ein Dutzend“, sagt Adelia Schuldt. Gerade an den Grundschulen dürften keine Lücken im Unterrichts- und Betreuungssystem entstehen, die Verlässlichkeit schreibe vor, dass die Kinder bis mittags in den Schulen betreut werden. Darauf hätten die Eltern einen Anspruch.

„Wir haben uns natürlich vorher sehr genau angesehen, wer als Aushilfe infrage kommt“, sagt die Schulrätin. Als Hilfslehrer seien Menschen zum Einsatz gekommen, die eine pädagogische Vorbildung oder Erfahrung hatten, beispielsweise eine Diplom-Pädagogin, eine Diplom-Psychologin, eine Ökotrophologin oder, in Norderstedt, eine Heilerzieherin. Außerdem hätten die ausgebildeten Lehrer die Ersatzlehrer nicht allein gelassen, sondern ihnen geholfen, den Unterricht nach dem Lehrplan zu gestalten und pädagogische Tipps und Tricks beigesteuert.

„Das war zwar aufwendig, hat aber viel Spaß gemacht“, sagt eine ehemalige Hilfslehrerin, die anonym bleiben will. Sie sei vor Jahren über die VHS an den Job geraten, in einer Zeit, als händeringend Aushilfen gesucht worden seien. Da sie selbst Kinder hat und über den Sport immer Kinder und Jugendliche betreut habe, habe sie einen guten Draht zu den Schülern gehabt. Das Studium sei eine gute Basis gewesen, da habe sie gelernt, sich Wissen zu erarbeiten und sich Material zu beschaffen. „In manchen Kollegien war ich willkommen und habe viel Unterstützung erfahren, in anderen wurde ich schief angeguckt und musste sehen, wie ich klarkomme“, sagt die Akademikerin, die sechs Jahre lang an Grund- und Hauptschulen ausgeholfen hat.

Manche Engagements dauerten zwei bis drei Wochen, andere bis zu einem halben Jahr. Bis zu 20 Stunden in der Woche hat sie unterrichtet: Deutsch, Mathe, Sachkunde, Sport, Erdkunde, Geschichte, nur bei Musik habe sie sich zurückgehalten.

Doch diese Notlösung soll nun der Vergangenheit angehören. „Natürlich war und ist unser Ziel, ausgebildete Pädagogen zu beschäftigen“, sagt Adelia Schuldt. Mit dem neuen Modell kommen die Verantwortlichen diesem Ziel ein Stück näher. Und die Initiative der Ministerin kommt bei den Junglehrern gut an: Für die 53 Stellen gibt es 370 Bewerbungen. Der Kreis Segeberg wird mit zwölf Feuerwehr-Lehrern bedacht, darauf haben sich 89 Lehrkräfte beworben. Für Norderstedt sind drei Springer geplant, die Stadt dürfte für die Feuerwehr-Pädagogen ein attraktives Pflaster sein, da die Wege zwischen den Schulen im jeweiligen Einsatzgebiet kurz sind.

„Wir sind jetzt in den Auswahlgesprächen“, sagt die Schulrätin, die sich auf die Verstärkung freut und begeistert ist von den Bewerbern. Viele zeigten sich äußerst engagiert und flexibel, könnten und wollten nicht nur die studierten Fächer unterrichten, sie seien gerade an den Grundschulen vielseitig einsetzbar. „Und sie begreifen die mobile Phase als Chance, unterschiedliche Kollegien und Schwerpunkte kennenzulernen und vielfältige Erfahrungen zu sammeln“, sagt Adelia Schuldt. Sie verstehe aber auch, wenn jemand Vorbehalte gegen den ständigen Schulwechsel habe und einen festen Arbeitsort bevorzugt, um Vertrauen und Sicherheit zu gewinnen.