Polizisten hatten die Leiche des Vaters in dessen Wohnung gefunden. Gegen den Sohn erging Haftbefehl wegen Mordverdachts - Täter ohne Motiv.

Neumünster. Die Gardinen sind zugezogen, die Fenster geschlossen. Die Wohnung von Steven S., einem Mitarbeiter der hiesigen Stadtwerke, ist verwaist. Hier, am Ende des Gewerbegebietes unweit der B 205 im Neumünsteraner Stadtteil Gadeland, wohnt niemand mehr, seitdem der 39-Jährige am Wochenende von seinem eigenen, erst 15 Jahre alten Sohn getötet wurde.

Die Nachbarn geben sich wortkarg, zu groß ist das Entsetzen, dass in ihrem Wohnhaus ein Mensch gewaltsam sterben musste. Zumal einige von ihnen das Verbrechen beziehungsweise dessen Folgen aus nächster Nähe beobachten mussten. Wie eine Anwohnerin einer Fernsehagentur berichtete, hatte ihr Sohn den Toten entdeckt, nachdem die beiden die Hilferufe von Steven S. in der Nacht zu Sonntag gehört hatten. Ihr Sohn werde jetzt psychologisch betreut.

Unterdessen hat der 15-jährige John S. bereits seine dritte Nacht in Untersuchungshaft verbracht. Er war noch am Sonnabend, wenige Stunden nach dem Mord, einem Haftrichter in Kiel vorgeführt und dann in einem Gefangenentransporter in die Jugendarrestanstalt Schleswig gebracht worden.

Wie gestern erst durch die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben wurde, hatte John S. vor dem Haftrichter auch ein Geständnis abgelegt. Bislang hatte es geheißen, die Spuren vor Ort, Aussagen von Zeugen und seine eigenen Angaben hätten den 15-Jährigen dringend tatverdächtig gemacht.

Das Geständnis war dann aber auch schon alles, was die Ermittler an Neuem präsentierten. "Es gibt bislang schlicht kein Motiv für die Tat", sagte Staatsanwalt Michael Bimler. "Unwahrscheinlich ist, dass wir vor der Hauptverhandlung noch mit Ermittlungsergebnissen an die Öffentlichkeit gehen", ergänzte Tanja Emmen, Sprecherin der Polizeiinspektion Kiel. Sie begründet die Zurückhaltung der Polizei damit, dass der Täter minderjährig ist. Vielleicht ist sie aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Mutter des 15-Jährigen und Ex-Frau des Getöteten eine Polizistin aus dem thüringischen Gera sein soll.

Aus der drittgrößten Stadt des Freistaates stammen auch Opfer und Täter. Während der Kraftwerkstechniker Steven S. bereits seit mehreren Jahren in Neumünster wohnt und erneut geheiratet hat - diese Beziehung soll aber schon seit Längerem wieder beendet sein -, kam John S. später nach. Der Sohn soll sich fürs Tanzen begeistert haben, war lange und wohl auch erfolgreich Mitglied in einem Tanzsport-Verein in Gera. Von Streitigkeiten zwischen den beiden ist bislang nichts offiziell bekannt. Die Suche nach einem Motiv dauert an.