Die Stadt Pinneberg führt Frauen-Badestunden im städtischen Schwimmbad ein - und entfacht eine Debatte über die Integration von Musliminnen.

Pinneberg. Elke Fasshauer hat in ihrem Leben schon viel gesehen. So schnell kann sie nichts schocken. Das sagt die 69-Jährige Pinnebergerin zumindest. Am vergangenen Sonntag war es vorbei mit der Besonnenheit. Die Seniorin war stinksauer. Am städtischen Pinnberger Schwimmbad hatte sie ein Schild entdeckt. Die Aufschrift: "NEU NEU NEU: Ab jetzt Frauenbaden". Immer sonntags, von 8.30 bis 11 Uhr. Männer müssen draußen bleiben. Fasshauer kommt seit 30 Jahren ins Schwimmbad, mit ihrem Freundeskreis, davon die Hälfte Männer. Den Herren wird der Zutritt künftig verwehrt.

Dies sorgt für Aufregung in der Stadt. Vor allem, weil es zunächst hieß, dass die Badestunde ausschließlich für muslimische Frauen reserviert sein sollte. Die Bedingungen dafür wären zugezogene Schwimmbad-Vorhänge und Bademeisterinnen, damit die muslimischen Frauen von keinem fremden Mann gesehen werden können. Mittlerweile ist aber nur noch von einer Frauen-Badestunde die Rede.

Pinnebergs SPD-Bürgermeisterin Kristin Alheit kann die Aufregung nicht verstehen. Die Stadt habe nur gemeinsam mit den Stadtwerken ein zusätzliches Angebot schaffen wollen. Von einer Badestunde ausschließlich für muslimische Frauen sei nie die Rede gewesen, sagt sie. Sie räumt ein, dass zuvor bei ihr eine Unterschriftenliste eingegangen sei, die das Projekt gefordert habe und offensichtlich von muslimischen Frauen unterzeichnet war. In Gesprächen mit dem Chef der Stadtwerke, Henning Fuchs, habe man sich auf eine sechsmonatige Testphase geeinigt.

Die Politiker der Stadt sind empört. Sie wurden nicht in die Entscheidungsfindung eingebunden. "Man kann nicht von Gleichberechtigung sprechen und dann Sonderregelungen einführen. Gerade im Hinblick auf die Integrationsdebatte finde ich das kontraproduktiv", sagt Uwe Lange, Fraktionsvorsitzender der "Bürgernahen". Pinnebergs FDP-Chef Werner Mende vermag den Sinn nicht zu erkennen. "Ich halte das für puren feministischen Aktionismus", sagt er. Ähnlich äußern sich auch der CDU-Vorsitzende Michael Lorenz ("die Sache ist befremdlich") und SPD-Chef Herbert Hoffmann ("die offensichtliche Eile irritiert mich"). Auch Pinnebergs Gleichstellungsbeauftragte Ellen Schülke ist skeptisch. "Ich halte es für integrationshinderlich, eine Badestunde für muslimische Frauen einzuführen. Das trennt mehr, als dass es verbindet", sagt sie.

Elke Fasshauer jedenfalls lässt sich diesen Badeerlass nicht gefallen, sie startete eine Unterschriftenaktion. Einige der sonntäglichen Badegäste drohen jetzt sogar, ihre Dauerkarten für das Pinneberger Schwimmbad zu kündigen und nicht mehr zu kommen. Stadtwerkechef Henning Fuchs sagt mittlerweile, dass er die Idee von den muslimischen Schwimmstunden schnell verworfen habe. Es sei technisch und finanziell nicht möglich gewesen, die Bedingungen dafür herzustellen: "Für uns steht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Kommen keine Leute mehr, brechen wir das Projekt ab." Die Stadtwerke machen jetzt schon mit dem Schwimmbad jährlich 1,3 Millionen Euro Verlust. Warum ausgerechnet am stark frequentierten Sonntag die Männer für zweieinhalb Stunden ausgeschlossen werden sollen, erklärt Fuchs so: "Der Sonntag ist der einzige Tag, an dem keine Vereine die Schwimmhalle nutzen und auch keine Kurse stattfinden."

Auch Musliminnen werden kaum das fast rundum verglaste Schwimmbad besuchen, da die Stadtwerke keine Vorhänge anschaffen wollen - Grundvoraussetzung für viele gläubige Frauen, um in ein öffentliches Bad zu gehen. Klar ist: Pinneberg droht am Sonntag ein leeres Schwimmbad.