Eine Mutter, die nahe Stade ihre Töchter umgebracht hat, kam in die Psychiatrie. Rechtsmediziner sind entsetzt über die Brutalität der Tat.

Hammah. Maria und Odilie haben furchtbar gelitten, bevor sie unter den Händen ihrer Mutter starben. Wie lange, können die Hamburger Rechtsmediziner nach den ersten Untersuchungen noch nicht genau sagen. "Nach dem bislang vorliegenden Ergebnis vom Institut für Rechtsmedizin hat die 41-jährige Mutter ihre beiden Mädchen zunächst gewürgt und anschließend mit einem Küchenmesser mehrfach zugestochen", sagt Staatsanwalt Kai Thomas Breas, Sprecher der Stader Staatsanwaltschaft. Die genaue Zahl der Messerstiche mochte Breas nicht nennen, zu viele seien es gewesen. Die Tat ereignete sich Freitagnacht in Hammah bei Stade im Wohngebiet Im Ring.

"Die Ausführung der Tat und das äußere Erscheinungsbild der Frau lassen auf einen schweren psychischen Defekt schließen", sagt Breas. "Bei der Befragung gab die Mutter an, dass sie in der Mordnacht aufgewacht sei und eine innere Stimme ihr befohlen habe, die Kinder zu töten", sagt der Staatsanwalt. Die Frau sei auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Beschluss des Amtsgerichts Stade vorerst in die geschlossene Psychiatrie eines niedersächsischen Landeskrankenhauses eingeliefert worden, teilt Breas mit.

Befragungen ergaben, dass die Frau seit längerer Zeit unter Verfolgungszwangsvorstellungen gelitten habe. In der Tatnacht ist Carolin H. in das Kinderzimmer geschlichen, wo die Dreijährige und die Fünfjährige in ihren Betten schliefen. Sie habe die beiden Kinder sehr zeitnah attackiert, so Breas. Nach dem Obduktionsbefund sei davon auszugehen, dass sie auf einem der Kinder gesessen habe, während sie das andere würgte. Nach bisherigen Erkenntnissen könne bereits durch das Würgen der Tod eingetreten sein, bevor die Frau das Küchenmesser in die kleinen Kinderkörper rammte. Wann die Kinder bewusstlos wurden und ihr Leiden endete, müssen nähere Untersuchungen in der Gerichtmedizin klären.

"Die bisherigen Obduktionsergebnisse der beiden Kinderleichen lassen zudem darauf schließen, dass die Versorgung der Kinder nicht optimal gewesen ist", sagt Breas. "Zahntechnisch und chirurgisch ergeben sich Rückschlüsse, dass die Mädchen offenbar nicht in fürsorglichen Familienverhältnissen gelebt haben."

Das jedoch ist in Hammah weder Nachbarn noch Bekannten der Frau aufgefallen. Lieb und fürsorglich sei die Mutter mit den kleinen Mädchen gewesen. "Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Frau überfordert war. Sie war Hausfrau und hat sich den ganzen Tag mit den Kindern beschäftigt", sagt Annemarie Rohlfs, die Tür an Tür mit Carolin H. und deren Töchtern wohnte. "Die furchtbaren Eindrücke sind zu viel für mich, ich bin nervlich am Ende", sagt die Seniorin.

In dem idyllischen Dorf Hammah gibt es nur ein Thema: Wie kann eine Mutter ihre kleinen Töchter im Schlaf umbringen? "Das geht einem eiskalt den Rücken runter", sagt Hammahs Bürgermeister Rainer Jürgens. Noch vor wenigen Tagen saß die 41-jährige Mutter mit ihren Mädchen in seinem Amtsbüro und hat den Umzug in eine andere Wohnung in Hammah mit ihm besprochen. "Es waren liebe, aufgeweckte Kinder, und die Mutter war sehr fürsorglich."

Erst vor acht Wochen war Carolin H. mit ihren Töchtern übergangsweise in die kleine Zweizimmerwohnung des Gemeindehauses gezogen. Die Frau lebte schon als Jugendliche in Hammah. Nach ihrer Heirat hat sie mit ihrem Mann, dem Vater von Marie und Odilie, in Jühnde bei Göttingen gewohnt. Als sich das Paar trennte, zog die Frau mit den beiden Kindern zurück in ihren Heimatort.

Der Vater suchte sich daraufhin eine Arbeit als Tischler im Alten Land, um näher bei seinen Kindern zu sein. Die Nachbarn Irma und Alexander Weigel sagen: "Er war oft bei den Kindern zu Besuch, auch am Tag vor der Tat."

Caroline H. habe geäußert, dass sie Hoffnung hatte, man könne es noch einmal mit einer Beziehung der Kinder zuliebe versuchen, sagt Bürgermeister Jürgens. "Zum 1. Juli wollten sie gemeinsam in die neue Wohnung in Hammah ziehen." Nun sei die ganze Gemeinde von der furchtbaren Tat geschockt. Besonders im Kindergarten seien Erzieherinnen und Kinder sehr betroffen, da die kleine Maria dort in einer Gruppe war. Ihre jüngere Schwester Odilie sollte im Juli auch in diesen Kindergarten gehen.

"Nach dem schrecklichen Ereignis ist Feingefühl wichtig", sagt Inge Kratzenberg, Fachberaterin für DRK-Kindergärten im Kreisverband Stade, dem Träger der Kindertagesstätte.

"Der Psychologe Jürgen Detering hat gestern Morgen mit den Erzieherinnen besprochen, wie sie auf die Fragen der Kinder antworten und wie sie behutsam und ehrlich mit der entsetzlichen Situation umgehen können", sagt Kratzenberg.

"Ein solches Geschehen verunsichert die Kinder. Es ist wichtig, dass ihre Fragen kurz und präzise, ohne unnötige Einzelheiten beantwortet werden", sagt Psychologe Detering. "Die Kinder brauchen jetzt Zuwendung vertrauter Personen und einen gewohnten Tagesablauf."