Acht Menschen starben beim schwersten Unfall seit 20 Jahren. In Richtung Berlin ist die Strecke auf zwei Spuren wieder mit Tempolimit befahrbar.

Rostock/Laage. Am Sonnabendnachmittag ist die A 19 zwischen Rostock und Güstrow in Richtung Berlin einen Tag nach der Massenkarambolage wieder für den Verkehr freigegeben worden. „Beide Spuren können nach Abschluss der Bergungsarbeiten befahren werden, die Gegenrichtung nach Rostock bleibt weiter voll gesperrt“, sagte ein Polizeisprecher. Auf der Strecke gilt nach Angaben der Autobahnmeisterei Kavelstorf ein Tempolimit von 80 Stundenkilometern, um mögliche Auffahrunfälle durch von den Arbeiten auf der Gegenfahrbahn abgelenkte Autofahrer zu verhindern.

Die Reparaturarbeiten auf dem Streckenabschnitt Richtung Rostock dauerten weiter an. Im günstigsten Fall ist den Angaben zufolge mit einer Freigabe am Sonntag zu rechnen. Die große Hitze der in Brand geratenen Unfallautos und Lkw hatte den Betonbelag großflächig zerstört. Die Autobahn wird zunächst mit einer schnell auskühlenden Asphaltschicht repariert.

Bei dem bislang schwersten Unfall in der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns kamen am Freitag acht Menschen ums Leben, 131 wurden teils schwer verletzt. Ein schwerer Sturm hatte Sand von angrenzenden Feldern auf die Autobahn geweht, der den Fahrern plötzlich die Sicht nahm.

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Inferno auf der A 19: Staatsanwaltschaft ermittelt

Nach dem Massencrash nahe Rostock, bei dem in einem Sandsturm auf der Autobahn acht Menschen starben, hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. „Es besteht der Verdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung“, sagte Staatsanwältin Maureen Wiechmann am Sonnabend. Experten der Prüforganisation Dekra sollen klären, „ob Autofahrer angesichts der Sandwand zu schnell oder zu unvorsichtig gefahren sind.“

Mehr als 20 Verletzte liegen nach dem Horrorunfall noch im Krankenhaus, Teile der Autobahn sind weggeschmolzen: Die Reparaturarbeiten werden noch Tage dauern. Der Sandsturm hatte den Fahrern auf der A19 (Rostock-Berlin) am Freitag die Sicht genommen: 131 Menschen wurden verletzt. 80 Autos rasten ineinander, knapp 30 gingen in Flammen auf, auch ein Gefahrguttransporter brannte. Das Inferno richtete einen Millionenschaden an, schätzten Polizisten an der Unfallstelle. Die genauen Identitäten der Toten waren bis Samstagmittag noch nicht geklärt.

Nach Angaben der Staatsanwältin waren die Gutachter am Freitag bereits am Unfallort und beschlagnahmten etwa fünf Autos, um die Abfolge der Massenkarambolage zu klären. An der Spitze der Unfallkolonne in Richtung Rostock, wo es die stärksten Brände gab, sei auch einer der vier unfallbeteiligten Lastwagen gefahren. „Die Untersuchungen werden aber noch mehrere Tage dauern“, sagte Wiechmann. Es müssten Zeugen befragt werden, darunter auch Verletzte aus den Krankenhäusern.

Die Toten und Verletzten kommen aus mindestens sechs Bundesländern, wie das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern am Samstag in Schwerin mitteilte. Betroffen seien Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Es könnten aber auch noch Menschen in den Unfallfahrzeugen gesessen haben, die aus anderen Bundesländern stammten.

Bundespräsident Christian Wulff sprach den Hinterbliebenen am Samstag sein Beileid aus. „Hoffentlich werden die vielen Verletzten schnell genesen. Ich danke den unzähligen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Helfern, die Übermenschliches vor Ort geleistet haben und leisten„, sagte das Staatsoberhaupt. „Viele Präsidenten Europas haben uns ihr Mitgefühl und ihre Anteilnahme zum Ausdruck gebracht.“

Etwa 20 Stunden nach dem Massencrash südlich von Rostock war auch der letzte brennende Lastwagen gelöscht. Die Retter hatten am Samstagvormittag bis auf einen Laster alle in den Massenunfall verwickelten Fahrzeuge von der Autobahn geschleppt. Dichter Löschschaum bedeckte den Boden um den letzten völlig ausgebrannten Lkw. Das Wrack stand schräg im Graben. Die Fahrbahn war auf mehr als 50 Metern mit riesigen Löchern übersät und völlig schwarz von Ruß und verbrannten Wrackteilen.

Der Unfall passierte am Freitag gegen 12.50 Uhr zwischen den Anschlussstellen Kavelstorf und Laage, südlich von Rostock. Die Autos rasten in beiden Fahrtrichtungen ineinander. Ein dpa-Reporter am Unfallort berichtete, die Autos seien zusammengequetscht worden und müssten mit hoher Geschwindigkeit aufeinandergeprallt sein.

Der Grund für den Unfall soll extrem schlechte Sicht gewesen sein. Ein Sturm hatte Sand von umliegenden Feldern aufgewirbelt und über die Autobahn geweht. Augenzeugen sagten, man habe nur noch etwa zehn Meter weit sehen können. Eine Polizeisprecherin hatte von dem schlimmsten Verkehrsunfall gesprochen, den Mecklenburg-Vorpommern je erlebt habe. Es war der verheerendste Massencrash der vergangenen 20 Jahre in Deutschland. (abendblatt.de/dpa/dapd)