Polizei gelingt es, eine DNA-Spur zu isolieren, die eindeutig zum Täter gehört

Henstedt-Ulzburg. 27 Jahre lang haben die Ermittler der Kieler Mordkommission den Fall immer wieder aufgerollt, jetzt sitzt der mutmaßliche Mörder von Gabriele Stender aus Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) in Untersuchungshaft. Polizisten nahmen in der Gemeinde einen 64 Jahre alten Mann fest, der mithilfe eines DNA-Abgleichs überführt wurde. Er gestand, das damals 18 Jahre alte Mädchen vergewaltigt und erdrosselt zu haben.

Damit geht das jahrelange Bangen der Angehörigen, ob der Mörder jemals gefasst wird, zu Ende. Die Familie aus Henstedt-Ulzburg hatte seit der grauenvollen Tat engen Kontakt zu den Beamten der Mordkommission gehalten, die das Schicksal von Gabriele Stender nie losließ. Polizeisprecherin Tanja Emmen spricht von einem "sensationellen Ermittlungserfolg". Hochmoderne Analyseverfahren des Landeskriminalamts Kiel hatten am Dienstag zur Identifizierung des mutmaßlichen Täters geführt.

Mordkommission und Staatsanwaltschaft halten seine Identität strikt geheim. "Wir führen in seinem Umfeld noch intensive Ermittlungen", sagte ein Beamter. Bislang sei der Mann polizeilich nie in Erscheinung getreten, hieß es. Er habe "völlig unauffällig und gut integriert" mit seiner Familie gelebt.

Gegen 8 Uhr am Dienstag waren mehrere zivile Fahrzeuge der Kriminalpolizei in die bürgerliche Wohnsiedlung im Zentrum des Ortsteils Ulzburg gefahren. Als ihm die erdrückende Beweislast der DNA-Spur bewusst wurde, begann der 64-Jährige zu erzählen, was vor 27 Jahren geschehen war. Polizeisprecherin Emmen bezeichnete das Geständnis als umfassend.

Gabriele Stender verschwand in der Nacht zum 4. Februar 1984. Mordkommissionschef Stefan Winkler beschreibt sie als sympathische und zuverlässige junge Frau, die mit niemandem Probleme gehabt habe. Die Schwesternschülerin wollte am späten Abend in der Diskothek Kutsche im Nachbarort Alveslohe tanzen gehen und allein - wie schon häufiger - per Anhalter fahren. Zuletzt wurde Gabriele Stender an diesem Freitagabend gegen 23.15 Uhr an der Hamburger Straße in Höhe der Kirche gesehen. Kurz darauf traf die 18-Jährige ihren Mörder.

Gemeinsam mit ihr fuhr der Mann 30 Kilometer durch die Dunkelheit, bis er an einem einsam gelegenen Waldstück in der Nähe des Dorfes Weddelbrook bei Bad Bramstedt stoppte. Ob er die junge Frau auf dem Weg dorthin vergewaltigt, mit ihrem eigenen Schal erdrosselt hatte oder ob der kleine Weg der Tatort war, hält die Kripo bislang geheim. Fest steht, dass der Täter die Leiche zwischen die Bäume gelegt hat und davonfuhr. Außerdem fanden die Ermittler Spuren eines Kampfes.

Als Gabriele am Sonnabend noch nicht nach Hause zurückgekehrt war, begann die Familie nach ihr zu suchen und schaltete kurz darauf die Polizei ein. Doch das Mädchen blieb zunächst verschwunden. Erst am Sonntag, 12. Februar, entdeckten zwei 14 Jahre alte Jungen beim Spielen die Tote.

Nach Informationen der "Norderstedter Zeitung" war der mutmaßliche Täter bereits zu Beginn der Ermittlungen ins Visier der Mordkommission geraten. Dem Mann, der damals in Kaltenkirchen lebte, konnte jedoch der Mord zunächst nicht nachgewiesen werden. Oberstaatsanwältin Birgit Heß spricht von einer zufälligen Begegnung: Bei der Tat handele es sich um einen typischen Anhaltermord, nicht um eine Beziehungstat.

Spezialisten des Landeskriminalamts war es im vergangenen Jahr erstmals gelungen, eine DNA-Spur zu isolieren, die eindeutig zum Täter gehörte. Daraufhin hatte die Kripo die Tat im vergangenen September erneut aufgerollt. "Die Beamten der Mordkommission Kiel suchten daraufhin über 150 Personen auf, die damals in den Fokus gerieten", sagt Polizeisprecherin Emmen. Die Speichelprobe des 64-Jährigen lieferte schließlich den entscheidenden Hinweis. "Mit einer Wahrscheinlichkeit, die keine vernünftigen Zweifel zulassen, landeten die Ermittler den Treffer."