Bayerische Brauerei behauptet, die Namen Erdinger und Kehdinger seien identisch. Dabei gibt es gar kein Bier aus der Region an der Elbe.

Nordkehdingen. Ein Gläschen Erdinger hat Detlef Hammann eigentlich immer ganz gerne getrunken. Schmeckt ja auch nicht schlecht, das Weißbier aus Erding bei München, das sogar der "Kaiser" Franz Beckenbauer gegen Geld liebt und das laut Werbebotschaft "a Pracht, fallera" sein soll. Dem Vorsitzenden des Nordkehdinger Gewerbevereins Die Kehdinger im Landkreis Stade könnte aber bald der eine oder andere Schluck im Hals stecken bleiben.

Am 13. April, 11.30 Uhr, muss Hammann sich vor dem Bundespatentgericht in München verantworten, wenn die Angelegenheit Erdinger gegen Kehdinger verhandelt wird. Der Vorwurf der Brauerei: Der Name Die Kehdinger ähnelt zu sehr dem Namen Erdinger, und deshalb sollen die Norddeutschen ihren Markennamen doch bitte sehr löschen.

Nun ist es so, dass ein kleiner, argloser Gewerbeverein in der Samtgemeinde Nordkehdingen auf den ersten Blick nicht unbedingt etwas mit dem bekannten Bier aus bayerischen Landen zu tun hat. Der Verein mit seinen derzeit fast 80 Mitgliedern will vor allem die Unternehmen vor Ort stärken, organisiert Veranstaltungen und hat anlässlich der Wildganstage vor fünf Jahren die Kehdinger-Münze eingeführt, mit der Kunden in lokalen Geschäften einkaufen können. Von Brauerei keine Spur. "Wir stellen kein Bier her und könnten es auch gar nicht", sagt Hammann. Für ihn gibt es nur eine Auslegung des Markenstreits: "Die Bayern haben nicht alle Latten am Zaun."

Weil er die ganze Sache einfach nur absurd findet, will der 44-Jährige, der in Freiburg/Elbe ein Therapiezentrum betreibt, am 13. April allein mit dem Zug nach München fahren. Einen Anwalt könne sich der Verein nicht leisten. Bereits vor drei Jahren habe es ein erstes Gerichtsverfahren in dieser Angelegenheit gegeben, das der Gewerbeverein gewonnen habe. Warum Erdinger immer noch keine Ruhe gibt, ist Hammann ein Rätsel.

Eine Antwort darauf hat Peter Jonas, Prokurist der Erdinger-Brauerei. "Man muss seine eigene Marke sauber halten", sagt er. "Der Markenname könnte auf diese Weise immer mehr verwässert werden, das ist die Gefahr", ergänzt Andreas Rau, Rechtsanwalt vom Münchner Anwaltsbüro Rau und Rau und seit 30 Jahren im Dienste der Brauerei. Er sei im Zuge seiner regelmäßigen Markenüberwachung auf die Kehdinger gestoßen, erklärt der Anwalt. "Die Namen sind eindeutig identisch." Erdinger habe gar keine andere Wahl gehabt, als gegen den Gewerbeverein vorzugehen. Bösartigkeit sei dabei keinesfalls im Spiel, "gegen den Verein haben wir überhaupt nichts". Es gehe einzig und allein um den Namen und die Markenregistrierung in bestimmten Warenverzeichnissen, die sich auf Bier, alkoholfreie Getränke und Gastronomiebetriebe beziehen.

Diese Warenverzeichnisse wiederum sind die Krux an der Sache. Als Die Kehdinger ihre Marke vor vier Jahren beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen ließen, wählten sie unter anderem genau diese Warenverzeichnisse - obwohl Bier und andere Getränke damals wie heute nicht zu ihrem Angebot gehören. "Wir wollten nur, dass es rein theoretisch vielleicht doch eines Tages möglich wäre", sagt Detlef Hammann. Verzichten werde der Gewerbeverein auf diese Registrierung keinesfalls, und schon gar nicht, weil es ihnen Erdinger vorschreiben wolle. Genau das würde nach Aussage von Peter Jonas aber schon reichen, um die ganze Angelegenheit zu beenden - und dann wäre das Löschen des gesamten Namens Kehdinger gar nicht mehr nötig.

Detlef Hammann kann darüber nur den Kopf schütteln. Ihm geht es nicht um Details, sondern um den Vorgang an sich. Es wolle ihm einfach nicht in den Kopf, was Kehdinger mit Erdinger zu tun haben solle. Vielleicht kann er sich damit trösten, dass er nicht die einzige Zielscheibe der bajuwarischen Bierbrauer ist. In seinem Heimatort Erding geht das Unternehmen mit ähnlicher Vehemenz gegen alles vor, was den Namen Erdinger als Zusatz trägt. Mit Erfolg. Ob Therme, Tafel oder Triathlon, die Verantwortlichen stellen lieber ein unverfängliches Erding hinter das Wort als ein Erdinger vorneweg.

Diese Alternative haben die Kehdinger nicht. Sie können lediglich hoffen, dass die Richter am Bundespatentgericht ihren Ermessensspielraum zu ihren Gunsten nutzen. "Wenn es nicht so nervig wäre, wäre es einfach nur lächerlich", meint Hammann.