Die fünf Küstenländer sind sich einig: Atomkraftwerke abschalten, mehr Strom aus Wind gewinnen

Boltenhagen. Fünf Regierungschefs sind sich einig, dass es so nicht weitergehen kann. Sie hätten gern eine lange Leitung, aber so schnell wie möglich. Die fünf norddeutschen Bundesländer fordern mehr Tempo bei der Ablösung der Atomkraft durch erneuerbare Energien. Auf ihrer Tagung in Boltenhagen in Nordwestmecklenburg ermahnten die Nord-Ministerpräsidenten in einer gemeinsamen Erklärung den Bund, den Bau von Offshore-Windkraftanlagen vor den deutschen Küsten durch "wirkungsvolle Bürgschafts- und Förderprogramme" voranzutreiben.

Zudem fordern sie ein, wie es in der Politikersprache heißt, "Netzausbau- Beschleunigungsgesetz", damit zügig neue Stromleitungen für den Transport von Ökostrom von Nord nach Süd gebaut werden können. "Wir sind uns einig, dass der Umstieg deutlich beschleunigt werden muss. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering (SPD).

Schleswigs-Holsteins Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) bekräftige seine Bereitschaft zur konsequenten Energiewende. Er werde in Kürze Gespräche mit den Betreibern der beiden nach Bränden und Pannen bereits vor Jahren vom Netz genommenen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel führen: "Ich hoffe, dass wir es hinkriegen, dass die Atomkraftwerke überhaupt nicht mehr ans Netz gehen."

Sein niedersächsischer Amtskollege David McAllister (CDU) ist überzeugt, dass der Atomausstieg in Deutschland nach der Atomkatastrophe in Japan "schneller als bisher geplant" erfolgt. Einen zeitlichen Rahmen nannte er nicht.

Übereinstimmend wiesen die Regierungschefs aus Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern der Windkraft eine entscheidende Rolle bei der Energieversorgung der Zukunft zu. So will Schleswig-Holstein die Landesfläche für Windparks verdoppeln. Insbesondere aber Offshore-Anlagen vor den Küsten böten großes Potenzial. "Windkraftanlagen gehören dahin, wo Wind ist", sagte Carstensen. Doch müsse, wer Ja zu erneuerbaren Energien sage, auch Ja zu neuen Stromleitungen sagen.

"Der Ausbau der Stromnetze ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung", machte Gastgeber Sellering deutlich. Der Bund stehe in der Pflicht. Neue Leitungen seien unabdingbare Voraussetzung für den Transport des Windstroms aus dem Norden zu den Großverbrauchern im Westen und Süden Deutschlands. Der Ausbau müsse schnell gehen. "Wir haben mit beschleunigten Verfahren beim Bau neuer Verkehrswege in den neuen Bundesländern gute Erfahrungen gemacht. Wir sind uns aber auch alle einig, dass bei solchen Verfahren die Rechte von Bürgern und Verbänden nicht beschnitten werden", sagte Sellering.

Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern hatten die Regierungschefs der Nordländer aufgefordert, sich Plänen für eine unterirdische CO2-Speicherung entgegenzustellen. Die Verpressung des klimaschädlichen Abgases helfe der Kohleverstromung und bremse den Ausbau der erneuerbaren Energien. Dieses Thema sparten die Politiker in ihrem Energie-Papier aber aus.

Die deutschen Küstenländer, ob CDU- oder SPD-regiert, halten zusammen wie Pech und Schwefel, sagen sie. In der Verkehrs- und Hafenpolitik wollen sie trotz Konkurrenz künftig noch enger zusammenarbeiten und so auch gemeinsame Interessen beim Bund durchsetzen.

Pläne des Bundes, künftig nur noch die ganz großen Häfen finanziell zu unterstützen, seien einhellig auf Widerspruch gestoßen, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering. "So geht das nicht. Da sind wir uns einig. Und das zeigt, wie robust die Beziehungen der Nordländer inzwischen untereinander sind", sagte Sellering energisch.

Ferner wollen Deutschlands Häfen künftig unter gemeinsamer Werbeflagge segeln und damit international mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sagte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister nach dem routinemäßigen Gipfeltreffen der Fünfer-Gruppe. "Unser Ziel ist ein gemeinsames Marketing der Nord- und Ostseehäfen", sagte McAllister. Das gemeinsame Label "German Ports" solle der Bund finanziell unterstützen. "Ich hoffe, dass wir den Bund mit ins Boot holen können."