Niedersachsen reicht westliche Elbquerung bei Glückstadt nicht aus. Das Projekt müsse hochgestuft werden in den “vordringlichen Bedarf“.

Schleswig. Niedersachsen geht in der norddeutschen Verkehrspolitik eigene Wege. Auf einer Klausurtagung der CDU in Schleswig forderte Hannovers Ministerpräsident David McAllister (CDU) eine "Ost-Umfahrung Hamburgs" mit Elbquerung im Raum Geesthacht/Lauenburg. Das Projekt müsse im Bundesverkehrswegeplan hochgestuft werden in den "vordringlichen Bedarf", also in die Kategorie der Top-Vorhaben. Der Regierungschef bekannte sich zugleich zur West-Umfahrung Hamburgs mit einem Elbtunnel im Zuge der A 20 bei Glückstadt.

"Wir brauchen beide Projekte", sagte McAllister dem Abendblatt. In Schleswig-Holstein kam der Vorstoß nicht gut an. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) lobte zwar den Schulterschluss mit Niedersachsen bei der A 20, verlor über die Ost-Umfahrung Hamburgs aber kein Wort. Der Weiterbau der A 21 über die Elbe ist in Kiel seit Jahren ein Tabuthema, weil befürchtet wird, dass der Bund nicht zwei Elbquerungen finanziert und im Fall einer Wahlmöglichkeit der billigeren Umfahrung Hamburgs im Osten der Metropole den Vorzug geben würde.

McAllister ließ auf der Klausurtagung in Schleswig gleichwohl keinen Zweifel daran, dass er die Ost-Umfahrung für nötig hält. Die Ausbauroute lieferte er gleich mit. Demnach soll die A 21 bei Geesthacht die Elbe queren, bei Winsen/Luhe die A 250 erreichen und bis zur A 7 fortgeführt werden.

Der Ministerpräsident betrat damit Neuland. Bisher steht nur der erste Teil der Ost-Umfahrung (bis zur A 250) im Bundesverkehrswegeplan, und dort auch nur im Kapitel der B-Vorhaben, die mangels Geldes kaum eine Chance haben. Der Weiterbau bis zur A 7 ist bisher gar nicht vorgesehen.

Umso stärker warb McAllister für die Ostroute. Die gesamte östliche Metropolregion Hamburg erhielte einen Entwicklungsschub, wenn die Zentren Lübeck, Schwerin und Lüneburg verknüpft würden. Vorteile sieht der Ministerpräsident auch für Wirtschaft und Pendler. Die Autobahnen A 1 und A 7 stießen im Großraum Hamburg bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen.

McAllister erinnerte Carstensen auch an die geplante Untertunnelung des Fehmarnbelts. Die Querung würde zu einem deutlichen Anstieg der Wirtschaftsverkehre führen. Der Regierungschef blies damit in dasselbe Horn wie die Handelskammer Hamburg und die Industrie- und Handelskammern im östlichen Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

Mit einer Ost-Umfahrung Hamburgs würde zugleich der Bedarf für eine West-Umfahrung der Metropole sinken. McAllister warb, diesmal im Einklang mit Carstensen, für den Weiterbau der A 20 über die Elbe. Beide forderten den Bund auf, noch in diesem Jahr zu klären, wie der A 20-Tunnel zwischen Steindeich (Schleswig-Holstein) und Drochtersen (Niedersachsen) finanziert werden soll.

"Die A 20 gehört zu den wichtigsten Infrastrukturvorhaben in Norddeutschland", bekräftigte McAllister. Carstensen nickte. Beide Regierungschefs betonten, dass die A 20 "Priorität" genieße. Was solche Bekenntnisse wert sind, dürfte sich in diesem Frühjahr zeigen. Im März wollen die Regierungschefs der fünf Küstenländer eine gemeinsame Wunschliste ihrer Projekte aufstellen und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorlegen.

Zum Auftakt der Klausurtagung hatte Schleswig-Holsteins CDU-Landes- und Fraktionschef Christian von Boetticher gepunktet. Demnach wird die Union von Boetticher bereits am 6. Mai zum Spitzenkandidaten bei der Neuwahl 2012 küren. Ob und wann von Boetticher Carstensen als Ministerpräsident ablöst, ließen beide offen.