Amtsgericht verurteilt Jäger zu 1000 Euro, weil er das leidende Tier erlösen wollte

Lüneburg. Es war im Dezember 2007, während einer sogenannten Drückjagd im Landkreis Lüchow-Dannenberg: Ein 54 Jahre alter Jäger beobachtete von seinem Hochsitz aus, wie ein Wolf über den Acker humpelte, dann hörte er einen Schuss, der das Rückgrat des Tieres durchschlug.

Doch der Wolf, der da auf dem Acker zusammengesackt war, verendete nicht. Zumindest nicht sofort.

Als sich das Rudeltier nach mehreren Minuten noch immer regte, legte der Jäger an und zielte auf seinen Kopf. Er wollte den Wolf mit einem Schuss erlösen, traf das Tier jedoch nur an der Schnauze.

Das Amtsgericht Dannenberg hatte den Mann bereits zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt. Gestern bestätigte das Landgericht Lüneburg den Schuldspruch: Das Handeln des Jägers sei nicht gerechtfertigt gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin. Der Mann hätte nicht auf das streng geschützte Tier schießen dürfen.

Unklar ist, wer zuerst auf das Tier geschossen und ihm eine Vorderpfote zertrümmert hatte. Ein zweiter Jäger, der den tödlichen Rückgrat-Schuss auf den Wolf abgab, war nicht verhandlungsfähig. Insgesamt wurde das Tier von drei Schüssen getroffen. "Wir bedauern sehr, dass der eigentliche Täter, der den Wolf angeschossen hat, nicht ermittelt wurde", sagte Wolfsexperte Markus Bathen vom Naturschutzbund (Nabu). "Wir sind aber begeistert, dass das Gericht den Fall so akribisch untersucht hat."

Die Richterin fand gestern deutliche Worte für den 54 Jahre alten Jäger: "Er glaubte, dass er so handeln durfte, wie er es getan hat." Der Angeklagte sei zwar Jäger und Schlachter - aber eben kein Tierarzt. "Für dieses für den Naturschutz hoch wertvolle Tier wären extreme Anstrengungen unternommen worden, um es zu retten." Dass der junge, kräftige Wolfsrüde nicht zu retten gewesen war, habe der Schütze nicht gewusst. Im Bundesnaturschutzgesetz gebe es keine Rechtfertigung, ein dort erwähntes Tier zu töten. Tierschützer begrüßten denn auch den Schuldspruch: Mit dem Urteil werde der Schutzstatus des Wolfs gewürdigt, sagte Uwe Martens vom "Freundeskreis freilebender Wölfe".

Wölfe gelten gemäß Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes als streng geschützte Art. Dennoch kamen allein 2009 fünf Wölfe zu Tode. "Vier wurden überfahren, einer erschossen", sagt Wolfsexperte Bathen. Aktuell leben in Deutschland 40 erwachsene Tiere wieder in freier Natur,

200 Jahre lang waren Wölfe hierzulande ausgerottet, erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kamen sie zurück. Der europäische Wolf, der rund 40 Kilogramm schwer wird, jagt Rehe, Hirsche, Wildschweine und Schafe. Auf seinem nächtlichen Streifzug kann er rund 50 Kilometer zurücklegen.