Zur Halbzeit der Legislatur in Niedersachsen sind die Außenseiter von einst längst akzeptiert

Hannover. Zur Mitte ihrer ersten Legislaturperiode mangelt es den Neulingen nicht an Selbstbewusstsein: Die Linksfraktion freut sich bereits auf die Kommunalwahl im Herbst 2012, erwartet deutliche Stimmengewinne. Aber das ist aus der Sicht von Manfred Sohn, dem Fraktionsvorsitzenden, nur der Auftakt für die Landtagswahl um die Jahreswende 2012/2013: "Wir wollen das schwarz-gelbe Elend in Niedersachsen beenden."

Die Fraktion der Linken feierte an diesem Wochenende ihren Jahresempfang im alten Rathaus in Hannover, wohin auch die anderen Parteien gerne bitten. Für gute Stimmung sorgt derzeit bei den Linken Fraktionschef Sohn mit einem Zahlenspiel: Er verweist auf immerhin 8,6 Prozent der Stimmen für seine Partei bei der Bundestagswahl 2009 und vor allem darauf, dass schon damals die schwarz-gelbe Koalition keine Mehrheit mehr hatte in Niedersachsen. Und er sagt: "Logisch wollen wir auch regieren, wenn die Bedingungen dafür stimmen."

Begonnen hatte die Linke mit einem Fehlstart: Ihre Abgeordnete Christel Wegner verteidigte unmittelbar nach Einzug in den Landtag Mauerbau und Stasi. Sie wurde aus der Fraktion ausgeschlossen, sitzt seither einsam in der letzten Reihe. Von dort kann sie beobachten, wie es im Verlauf der vergangenen zweieinhalb Jahre eine stetige Annäherung gegeben hat zwischen Linksfraktion einerseits und SPD und Grünen andererseits.

Gemeinsame Parlamentsinitiativen etwa, aber auch einen inzwischen etablierten Gesprächskontakt über gemeinsame Möglichkeiten und Mehrheiten. Das hat der DGB-Landesvorsitzende Hartmut Tölle im Juni angeschoben, als er die drei Parteien erstmals an einen Tisch brachte. "Die Gespräche waren ermutigend und laufen weiter", umschreibt der stellvertretende Linken-Fraktionschef Adler die Perspektive. Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Björn Thümler, hat pflichtgemäß die Halbzeitbilanz der Linksfraktion bekrittelt: "Ohne die Linke würde Niedersachsen nichts fehlen." Aus seiner Sicht hat die Partei immer noch "ein ungeklärtes Verhältnis zum Rechtsstaat". Richtig ist auch, dass Innenminister Uwe Schünemann (CDU) die Partei, anders als in anderen Bundesländern, vom Verfassungsschutz ausspähen lässt.

Aber im Plenarsaal des Landtags in Hannover ist nach anfänglich ausgeprägten Berührungsängsten doch so etwas wie Normalität eingekehrt. Die Fachsprecher der Linksfraktion diskutieren inzwischen auf gleicher Augenhöhe. Der neue SPD-Landesvorsitzende Olaf Lies und der neue Fraktionschef Stefan Schostok stehen zudem links in der SPD. Und die Grünen schließen ebenfalls keine Koalitionsmöglichkeit generell aus - wenn auch Fraktionschef Stefan Wenzel derzeit gerne halblaut nachdenkt über die Möglichkeit, ob die grünen Umfragewerte nicht eine schwarz-grüne Koalition ermöglichen - nach Hamburger Vorbild.