Dänemark forciert den Bau einer Beltquerung - ob Brücke oder Tunnel. Auf deutscher Seite formieren sich die Kritiker

Fehmarn. Die Dänen lassen sich ihr Jahrhundertprojekt einer festen Querung des Fehmarnbelts nicht madig machen. Trotz wachsender Proteste in Deutschland will die dänische Staatsgesellschaft Femern A/S Anfang nächsten Jahres entscheiden, ob der 20 Kilometer breite Belt zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn überbrückt oder untertunnelt werden soll. "Die Baukosten für Brücke und Tunnel haben sich angenähert", sagt Femern-Sprecher Karsten Holmegaard. Das Königreich setze darauf, dass die Querung wie geplant 2018 fertig sei. "In Dänemark gibt es eigentlich keine Skepsis gegen das Projekt."

In Deutschland legen die Kritiker der Querung derweil nach. Manche sprechen schon von Fehmarn 21. Im Gespräch mit dem Abendblatt forderte die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn einen Notausstieg aus dem Großprojekt. "Die Kosten explodieren." Deutschland könne aber nicht allein aussteigen. Die Berliner Regierung müsse sich mit der in Kopenhagen an einen Tisch setzen und den Staatsvertrag stornieren. "Auch in Dänemark wächst das Geld nicht auf den Bäumen."

Klar ist, dass das kleine Königreich die Hauptlast des Projekts trägt. Die Femern A/S beziffert die Baukosten für Brücke oder Tunnel auf 4,5 bis 5,5 Milliarden Euro. Das Geld will die Gesellschaft sich dank Staatsgarantie billig auf dem Kreditmarkt besorgen. Zinsen und Tilgung sollen aus den Mauteinnahmen von Autos und Zügen bezahlt werden. Im Idealfall wäre die Querung nach 25 Jahren abgestottert.

Mit diesem Finanzierungsplan trägt das kleine Königreich das volle Risiko, falls die Verkehrsprognosen nicht eintreffen. Sie wurde bereits mehrfach nach unten korrigiert, zuletzt auf 7700 Autos und bis zu 78 Güterzüge täglich. Unabhängig davon baut Dänemark in seinem Hinterland Straßen und Schienen bis zur Querung aus. Die Kosten belaufen sich auf 1,2 Milliarden Euro.

Den deutschen Steuerzahler kostet die Querung vergleichsweise wenig. Laut Staatsvertrag muss Berlin die Bundesstraße 207 von Heiligenhafen bis Puttgarden vierspurig ausbauen und bis zur Eröffnung der Querung die bisher eingleisige Bahnstrecke unter Strom setzen. Ein zweites elektrifiziertes Gleis muss erst 2025 gelegt sein. Diese Zugeständnisse machte Dänemark, damit Deutschland sich überhaupt zu dem Projekt bereit erklärte.

Die Baukosten auf deutscher Seite wurden 2009 auf 840 Millionen Euro beziffert. Hagedorn rechnet mit mindestens 900 Millionen, der Bundesrechnungshof mit bis zu 1,7 Milliarden Euro. "Der Bund hat bisher keinen einzigen Cent für die Querung in die Haushalte eingestellt", berichtet Hagedorn. "Ich befürchte Billiglösungen", sagt die Abgeordnete aus dem Kreis Ostholstein. Beispiel Bahntrasse: Die DB will die Route durch die Gemeinden an der Lübecker Bucht ausbauen. Die von den Badeorten geforderte Alternativtrasse abseits der Küste ist deutlich teurer.

"Der Widerstand gegen die Querung wächst", bilanziert der Sprecher von inzwischen zehn Bürgerinitiativen zwischen Lübeck und Puttgarden, Malte Siegert. Die Gegner der Querung seien "wie bei Stuttgart 21 ganz normale Menschen, keine Bombenleger". Um die Zukunft ist Siegert nicht bange. "Wenn die Politik in Berlin nicht reagiert, kann es Verhältnisse wie in Stuttgart geben." Hagedorn sieht es ähnlich. "Wir müssen Großprojekte, die vor Jahren geplant wurden, angesichts der Finanzkrise auf den Prüfstand stellen."

Femern A/S hält derweil Kurs und für die Kritiker in Deutschland eine gute Nachricht bereit. Die bisher bevorzugte Brücke über den Belt wird etwas teurer, weil der Meeresboden offenbar weniger standfest ist als erhofft. Zugleich sinkt der Preis für einen Tunnel, weil das Bauwerk von Land be- und entlüftet werden kann. Damit wäre eine ursprünglich vorgesehene künstliche Lüftungsinsel im Belt verzichtbar. Die Querungskritiker legen nach. Siegert fordert wie das Fehmarner Inselparlament, einen Tunnel nicht einfach in den Belt abzusenken, sondern ihn durch den Meeresgrund zu bohren. Das ist umweltschonender, aber teurer.