SPD, Grüne und Linke wollen verhindern, dass bei Bürgermeisterwahlen einfache Mehrheiten reichen

Hannover. In Niedersachsen sollen künftig Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Gegen diesen Gesetzentwurf der CDU-FDP-Koalition im Landtag formiert sich aber breiter Widerstand. Nicht nur die Oppositionsparteien, sondern auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, Landkreistag, Städtetag und der Verein Mehr Demokratie sind strikt dagegen.

Der SPD-Landesvorsitzende Olaf Lies beklagte gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Grünen und Linkspartei in Hannover ein "Demokratiedefizit" und drohte mit dem Staatsgerichtshof: "Das soll holterdiepolter und überhastet durchgesetzt werden." Für die Grünen-Landesvorsitzende Anja Piel ist das Vorhaben demokratiefeindlich: "Die Eingleisigkeit braucht Legitimität." Eingleisigkeit beschreibt, dass die Landräte und Bürgermeister in Niedersachsen nicht nur oberste Repräsentanten sind, sondern auch Verwaltungschefs mit großem Einfluss. Die Oppositionsparteien warnen, künftig könne bei Wahlen auf kommunaler Ebene ein Kandidat mit einem Ergebnis von deutlich unter 30 Prozent gewählt werden.

Unter Hinweis auf die oft niedrige Wahlbeteiligung bei Stichwahlen zwischen zwei Bewerbern will die CDU-FDP-Koalition im November im Parlament durchsetzen, dass bei der Urwahl die einfache Mehrheit im ersten Wahlgang ausreicht. Für Grünen-Chefin Piel ist klar: "CDU und FDP wollen sich angesichts bröckelnder Mehrheiten die Regeln passend machen." Tatsächlich würde von der Neuordnung vor allem die CDU profitieren, die traditionell die stärkste Kraft auf kommunaler Ebene ist. Erst vor wenigen Wochen scheiterte der CDU-Kandidat bei der Bürgermeisterwahl in der CDU-Hochburg Lingen im zweiten Wahlgang, nachdem er im ersten Wahlgang noch deutlich vorn gelegen hatte. Wäre das Gesetz bereits in Kraft, hätte er die Wahl gewonnen.

Für Grünen-Chefin Piel ist noch aus einem anderen Grund bei CDU und FDP "das Demokratieverständnis minder ausgeprägt". Im Gegenzug für die von der CDU gewünschten Abschaffung der Stichwahl werden nach Willen der FDP die Wahlbezirke vergrößert. Davon profitieren kleine Parteien, die nur wenige vorzeigbare Kandidaten haben.