Auf dem Parteitag erklärt er seine Kandidatur für den Spitzenplatz zur Landtagswahl

Kiel. Ralf Stegner hat die erste Runde im Kampf um die SPD-Krone in Schleswig-Holstein gewonnen. Auf einem Parteitag am Wochenende in Kiel bekam der Partei- und Fraktionschef mehr Beifall als Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig. Beide vermieden laute Töne, bekräftigten aber ihren Anspruch, die SPD als Spitzenkandidaten in die Neuwahl zu führen und Ministerpräsident zu werden.

"Ich habe ein gutes Gefühl", sagte Stegner am Rande des Parteitags. Auf ihm geben die Funktionäre den Ton an, die mehrheitlich zu ihrem Parteichef stehen. "Ich bin zufrieden", meinte Albig. Mehr sei nicht zu erwarten gewesen. Der Oberbürgermeister, der außerhalb des Großraums Kiel in der SPD noch keine Hausmacht hat, setzt auf die Vorstellungsrunden in den 15 Kreisverbänden und vor allem auf den Mitgliederentscheid, in dem die 20 000 Genossen im Norden vermutlich am 20. Februar ihren Spitzenkandidaten küren.

"Ein Parteitag gibt nicht immer die Stimmung in der Partei wieder", erklärte SPD-Urgestein Günter Neugebauer, der 30 Jahre im Landtag saß. Stegner genieße an der Basis deutlich weniger Sympathie als Albig. Andere Auguren wie Ex-Sozialministerin Gitta Trauernicht halten das Duell aber für offen oder wollen sich wie die frühere Regierungschefin Heide Simonis nicht festlegen. "Beide haben eine Chance", sagte Simonis dem Abendblatt und bestätigte, dass Stegner einst ihr Kronprinz war.

Auf dem Parteitag selbst sammelte der SPD-Chef erste Punkte. Der 50-jährige Politologe rechnete in seiner Grundsatzrede mit der "elendigen" Landesregierung ab und heimste dafür wie erwartet viel Beifall ein. Für sein schlechtes Image fand er freundliche Worte, lobte sich als konfliktbereit und durchsetzungsstark: "Das Weichgespülte liegt mir nicht so."

Stegner machte keinen Bogen um Albig, nannte ihn einen "veritablen Bewerber", konnte sich einige Seitenhiebe aber nicht verkneifen. So lästerte er über die "individuelle berufliche Laufbahn" des Juristen mit Stationen in Kiel, Berlin und wieder Kiel, dann über Albigs Ex-Chef, den früheren Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Bei den Genossen kam das an. Steinbrück, einst Wirtschaftsminister in Kiel, ist bei den Funktionären in der traditionell linken Nord-SPD nicht sonderlich beliebt.

Stegner wechselte den Tonfall, sprach plötzlich leiser, übte Selbstkritik, etwa an seiner Dauerfehde mit Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU). "Das Duell mit dem Ministerpräsidenten war weder für den einen noch den anderen günstig." Auch sonst habe er dazugelernt. "Ich habe an mir gearbeitet." Als Stegner schließlich ankündigte, dass er die SPD in die Wahl führen wolle, brach Beifall aus. Auch Albig klatschte.

Eine Grundsatzrede des Kieler Oberbürgermeisters war von der Parteispitze nicht vorgesehen. Albig machte gute Miene zur bösen Regie, ergriff in der Generaldebatte das Wort: "Wir haben von Ralf eine große sozialdemokratische Rede gehört." Der OB legte etwas kleiner nach, dankte Stegner für die "netten Worte", rügte die schwarz-gelbe Regierung und sprach vielen Delegierten aus dem Herzen, als er die katastrophale Finanzlage der Dörfer und Städte beklagte. Am Ende applaudierten die Genossen knapp eine halbe Minute, nur halb so lang wie bei Stegner.

Nach dem Kuschel-Kampf zogen beide Kandidaten im Foyer Bilanz. Einen gemeinsamen Auftritt vor Kameras lehnten sie ab, zumal aus dem Duell noch ein Dreikampf werden könnte. Stegner heizte solche Spekulationen mit dem Hinweis an, dass Bewerbungen für die Spitzenkandidatur bis zum 1. Oktober möglich seien und drei Genossen bei ihm nachgefragt hätten. Auf dem Parteitag warf allerdings niemand mehr den Hut in den Ring.