75.000 Festival-Fans reisen zum Wacken Open Air, dem größten Heavy-Metal-Festival der Welt. Jeder Dritte kommt aus dem Ausland.

Wacken. "Maiden! Maiden!" Schon lange vor Öffnung der Eingangstore zum riesigen Festivalgelände eint ein Ruf die aus aller Welt nach Wacken gepilgerte Metalgemeinde. Auch der Mailänder Mario (26) ist mit fünf Freunden in das 1800-Einwohner-Dorf nach Schleswig-Holstein gekommen, um die britischen Megastars Iron Maiden endlich einmal live zu sehen. Als der Einlass unter allgemeinem Jubel beginnt, werfen die fröhlichen Italiener Konfetti in die Menge und stürmen Richtung Black Metal Stage. Dass Iron Maiden später am Abend ein paar Meter weiter rechts, auf der True Metal Stage, spielt, stört sie nicht.

Die Freunde sind hier, um "so richtig abzufeiern". Und das geht natürlich auch mit Skyline, der ersten Band dieser drei tollen Tage. Oder mit Mötley Crüe, die nach vielen Jahren in der Versenkung mit ihrem Glam-Rock aus den seligen Achtzigern noch einmal abräumen wollen. Dass die aktuelle Scheibe "Saints Of Los Angeles" kein großer Wurf ist, stört niemanden - solange unkaputtbare Hitgranaten wie "Shout At The Devil" oder "Girls, Girls, Girls" aus den Boxen gefeuert werden.

Am ersten Tag des Wacken Open Air - und bevor die Headliner auf der Bühne stehen - ist für viele Fans aber erst einmal geduldiges Anstehen angesagt, denn fast so begehrt wie ein Platz in der ersten Reihe ist ein Festival-T-Shirt, vorzugsweise das mit dem kompletten Line Up (Programm des Festivals) auf der Rückseite.

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Doch hier gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm, und wer erst am Donnerstag angereist ist, ist eindeutig ein später Flattermann. Soll heißen: Die dicht umlagerten Merchandising-Stände an den Eingängen melden großflächig "Ausverkauft!". Nicht nur in Sachen Erinnerungs-T-Shirts wird die Sache ganz, ganz eng, selbst Gummistiefel mit Wacken-Aufdruck sind nicht mehr zu bekommen - und dabei hat es noch nicht einmal geregnet!

Für Fans, die lediglich aus Hamburg oder Lübeck angereist sind, mag die Gier nach allem, was den WOA-Aufdruck trägt, befremdlich sein, doch ein Gang übers Festivalgelände lässt schnell erkennen, dass mindestens ein Drittel der insgesamt 75.000 Metalheads aus dem Ausland angereist sind. Und das heißt hier nicht nur Dänemark, England oder Italien, sondern auch Japan, Mexiko und Brasilien. Ein Jahr lang haben beispielsweise Jorge und seine Kumpel aus Mexiko-City gespart, um sich die Reise nach Wacken leisten zu können.

Jetzt schlendern sie im eigens angefertigten Fan-Shirt über das Areal, in der Hand einen Becher Bier, im Gesicht ein glückliches Grinsen. Und Keiko aus Osaka hat zwar als Korrespondentin eines japanischen Musikmagazins das 130 Euro teure Ticket kostenlos bekommen, musste aber den Flug nach Deutschland aus eigener Tasche zahlen. "Kein Problem", sagt die kleine Frau mit dem großen Rückentattoo (ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln). "Die Chance, so viele meiner Lieblingsbands live zu erleben, bekommen ich vielleicht nie wieder."

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Und die Chance, so viele neue Freunde zu finden, wohl auch nicht. Sicher, in Wacken spielen mehr als 120 Bands, darunter einige der absoluten Szenegrößen, doch kaum weniger wichtig als die Musik ist für viele Fans, drei Tage lang so richtig die Sau rauszulassen. Alkoholika-Exzesse und Nächte in fremden Schlafsäcken inklusive. Nicht umsonst bekommt jeder Besucher, der auf einem der riesigen Campingplätze eincheckt, neben Regenponcho und Ohrstöpsel auch ein Kondom überreicht. Sicher ist sicher ...

Das findet auch die etwa 20-köpfige Reisegruppe aus Bargteheide, die 320 Liter Bier herangeschafft hat, um bloß nie auf dem Trockenen zu sitzen. Tische, Stühle, Grill, sogar ein Fernseher und Pavillons, die Schatten spenden: Keine Frage, hier sind Wacken-Profis unterwegs. Und die wissen, wann es Zeit ist, den gemütlichen Grillabend zu unterbrechen. "Wir müssen los, Maiden fängt gleich an!", ruft einer. Und damit geht die Party dann so richtig los.