Ein Stiftungsmodell soll den Standort retten - und die Kieler Hochschule Einschränkungen hinnehmen

Lübeck. Der erste große Stein für die Rettung der Lübecker Universität ist gesetzt. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) bedankte sich gestern für den Lübecker Vorschlag, die Hochschule in eine Stiftungs-Uni umzuwandeln und so eine weitere Geldquelle aufzutun. "Das ist ein Baustein, der dazu führen könnte, dass man auch eine andere Lösung als die Schließung der Medizinausbildung in Lübeck hinbekommt."

Carstensen machte zugleich klar, dass weitere Bausteine nötig sind, um das vom schwarz-gelben Kabinett in Kiel beschlossene Sparziel von 150 Millionen Euro bis 2020 zu erreichen. Der Ministerpräsident will deshalb in den nächsten Tagen weitere Rettungsgespräche führen. "Ich gehe davon aus, dass wir am Dienstag klüger sind." An diesem Tag beschließt das Kabinett den Entwurf für die Sparhaushalte 2011 und 2012. Carstensen versprach, dass er sich nicht drücken werde. Sollten die Gespräche über die Zukunft der Uni scheitern, will er selbst verkünden, dass Lübeck ab Herbst 2011 keine neuen Medizinstudenten mehr aufnehmen darf. Uni-Präsident Peter Dominiak hatte zuvor für sein Alternativkonzept geworben. Es sieht neben der Umwandlung der Hochschule in eine Stiftungs-Uni den Abbau von Studienplätzen auch an der Kieler Uni vor. Demnach sollen die beiden Medizinischen Fakultäten künftig nur noch jeweils 160 Studienanfänger jährlich aufnehmen. Das wären je 30 weniger als bisher. Das Land könnte so kräftig sparen. Ein Medizin-Studienplatz kostet bis zum Abschluss gut 200 000 Euro. Die Sparsumme beliefe sich also mittelfristig auf mindestens zwölf Millionen Euro. Hinzu kämen Einsparungen beim Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck und Kiel.

Nach der Rechnung von Dominiak könnte die Regierung so ihr Sparziel problemlos erreichen. Seine Rechnung hat der Lübecker Professor allerdings ohne die Kieler Universität gemacht. Sie wurde vom Rettungskonzept kalt erwischt und lehnte es prompt ab, für die Lübecker zu bluten.

Der Sparvorschlag sei "ein beispielloser Vorgang des versuchten unberechtigten Eingriffs einer Universität in die Strukturen einer anderen Universität", empörte sich die Uni-Leitung.

Präsident Gerhard Fouquet legte nach, warf den Professoren in der Hansestadt "Piraterie" vor. Er warnte zugleich eindringlich davor, durch Abstriche an der Medizinausbildung in Lübeck und Kiel "zwei halbe Teams zu bilden, die nicht konkurrenzfähig sind". Diese Gefahr wird auch im schwarz-gelben Regierungslager gesehen. Dort will man in Zeiten leerer Kassen die Mittel an einer "echten Uni" konzentrieren. Gemeint ist die Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Sie ist mit acht Fakultäten die einzige Voll-Uni in Schleswig-Holstein, hat 23 000 Studenten und möchte gern eine der Elite-Hochschulen in Deutschland werden. Gemessen daran fällt die Lübecker Uni deutlich ab (siehe nebenstehender Text).

Von den Lübeckern über den Tisch gezogen fühlte sich auch der Vorstandschef des UKSH, Jens Scholz. Weniger Studenten bedeuteten weniger Klinikbetten und dementsprechend weniger Einnahmen. "Folge ist, dass auch beim Personal gespart werden müsste." In den Universitätskliniken in Kiel und Lübeck liegen die Nerven ohnehin blank. Carstensen will die teils maroden Kliniken so schnell wie möglich privatisieren.

Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU) ließ ebenfalls keinen Zweifel daran, dass die Lübecker Vorschläge zur Rettung der Uni noch nicht reichen. Schleswig-Holstein setzt deshalb auf den Bund. Er könnte etwa über das Forschungszentrum Borstel Teile der Lübecker Uni unter seine Fittiche nehmen. Der Haken: Zu solchen Hilfsaktionen dürfte der Bund nur bereit sein, wenn das Land alle Medizinstudienplätze erhält und damit seinen Sparvorschlag einsammelt.

Scheitern alle Verhandlungen, bleibt den Lübeckern ein letzter Trumpf. Die Abwicklung der Medizinerausbildung muss vom Landtag beschlossen werden, in dem CDU und FDP nur eine Stimme Mehrheit haben. Und der einzige Lübecker im Kieler Parlament, der FDP-Abgeordnete Gerrit Koch, hat bereits deutlich gemacht, dass er seine Hand für einen Kahlschlag in der Hansestadt nicht heben will.