Gymnasien entscheiden, ob sie Turbo-Abi nach der 12. Klasse anbieten oder nicht

Kiel. Drei Jahre nach der großen schwarz-roten Schulreform in Schleswig-Holstein hat die schwarz-gelbe Regierung den Rückwärtsgang eingelegt. Nach dem vom Kabinett verabschiedeten Entwurf eines neuen Schulgesetzes dürfen die Gymnasien entscheiden, ob sie beim Turbo-Abi (G8) bleiben oder zum alten G9 zurückkehren. Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) verteidigte die Reform der Reform. "Natürlich wird es Diskussionsprozesse geben." Die Kernpunkte des Entwurfs, der nach nochmaliger Kabinettsberatung in den Landtag gehen und ab dem Schuljahr 2011/12 gelten soll:

G8 oder G9: Jeder Schüler soll "in zumutbarer Entfernung" zwischen G8 und G9 wählen können. Die 20 Gymnasien im ländlichen Raum sollen beide Abi-Varianten anbieten. Das G8-Jahr wird dabei in der Mittelstufe eingespart, die Oberstufe bleibt dreijährig. Eine G8- bzw. G9-Klasse kommt nur mit mindestens 25 Schülern zustande.

Bedarfsanalyse: Die rund 80 Gymnasien in städtischen Regionen sollen nach einer "Bedarfsanalyse" (Umfrage bei Grundschuleltern) klären, ob sie G8 oder G9 anbieten. Die Entscheidung trifft die Schulleitung im Einvernehmen mit der Schulkonferenz und dem Schulträger. Im Streitfall spricht das Bildungsministerium ein Machtwort. Es kann ein Abi-Modell auch gegen den Willen der Schule durchsetzen.

Fünftklässler: Im nächsten Schuljahr 2010/11 starten alle Fünftklässler an Gymnasien wie bisher mit G8. Ein späterer Wechsel zu G9 ist nicht geplant.

Turbo-Abitur: Das Turbo-Abi wird entrümpelt. Die Lehrpläne sollen zunächst in den Kernfächern Deutsch, Mathe und Englisch auf einen Pflichtteil von 70 Prozent eingedampft werden. Zudem soll es "Intensivierungsstunden" (zwei Lehrer) und bei Nachmittagsunterricht keine Hausaufgaben geben.

Gemeinschaftsschulen: Sie sollen nur eine Oberstufe bekommen, wenn ein "öffentliches Bedürfnis" besteht. Das dürfte aufgrund der vielen gymnasialen Oberstufen kaum vorkommen. Die Gemeinschafts- und Regionalschulen werden angeglichen. Die gemeinsame Orientierungsstufe für alle Schüler, bisher Pflicht, wird freiwillig.