15 Wochen vor dem Geburtstermin mussten Ärzte des Universitätsklinikums Göttingen den Kleinen auf die Welt holen.

Göttingen. Er wog nur wenig mehr als ein Päckchen Butter und war nicht einmal so lang wie eine DIN-A4-Seite: In Göttingen ist ein Frühgeborenes mit 275 Gramm und 27 Zentimetern auf die Welt gekommen. Damit ist das Baby der weltweit leichteste überlebende Junge.

Wie erst jetzt bekannt wurde, war die Mutter des Frühchens aus Nordthüringen im Juni vergangenen Jahres wegen Schwangerschafts- Problemen in die Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Göttingen eingewiesen worden. Der Junge war im Mutterleib akut lebensbedrohlich gefährdet, aber für eine Geburt noch zu klein. Die Ärzte konnten die Entbindung noch zwei Tage hinauszögern, um ein Leben des kleinen Jungen außerhalb des Mutterleibes zu ermöglichen. "In dieser Zeit haben wir der Mutter Medikamente gespritzt, die bei ihrem Baby die Förderung der Lungen bewirkten", sagt Prof. Günter Emons, Direktor der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe. Denn die Lunge sei normalerweise erst ab der 34. Schwangerschaftswoche ausgereift.

Komplikationen machten es dann jedoch notwendig, dass der Junge umgehend geholt werden musste. So kam er mehr als 15 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin in der 25. Schwangerschaftswoche auf die Welt. Die Überlebenschance des Neugeborenen wurde gering eingestuft, zumal die Sterblichkeitsrate bei Jungen etwa 25 Prozent höher liegt als bei Mädchen. Mit einem Gewicht von 275 Gramm ist der Junge nach den bekannten vorliegenden Daten der leichteste Junge und insgesamt das viertleichteste Kind weltweit überhaupt, das eine zu frühe Geburt überlebt hat.

Grundsätzlich gehen Kinderärzte davon aus, dass Kinder mit einem Geburtsgewicht von unter 350 Gramm nicht lebensfähig sind. Frühgeborene der 25. Schwangerschaftswoche mit einem solch extrem geringen Geburtsgewicht haben auch heute nur eine geringe Chance. Zu diesem Zeitpunkt sollten sie ein Gewicht von 550 bis 790 Gramm aufweisen. Im Vergleich dazu hatte der kleine Patient mit nur 275 Gramm ein Gewicht, das der 19. bis 20. Schwangerschaftswoche entspricht.

Doch der kleine Kämpfer schaffte das Wunder. "Schwerwiegende Komplikationen sind bei dem Kind zum Glück nicht aufgetreten", sagt Dr. Stephan Seeliger, Oberarzt in der Abteilung Pädiatrie am Perinatalzentrum. "Nach sechs Monaten auf der Intensivstation konnten wir das Kind mit einem Gewicht von 3700 Gramm im Dezember 2009 nach Hause entlassen." Damit sich der Junge - seinen Namen teilte die Klinik nicht mit - weiter gut entwickelt, erhält er eine intensive Förderung und steht unter regelmäßiger medizinischer Kontrolle.

Der bisher leichteste Junge, der seine Geburt überlebt hat, stammt aus Japan. Er wog 297 Gramm.