Busemann beklagt Lücken bei den Paragrafen zur Sicherungsverwahrung für Schwerstverbrecher. “Es geht um den Schutz der Allgemeinheit.“

Hannover. Sexualstraftäter, die nach langjähriger Sicherungsverwahrung wegen Gesetzeslücken wieder freikommen und erneut Kinder misshandeln, das will der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann nicht länger hinnehmen: "Ich werde mich mit Händen und Füßen wehren und alle mir zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, damit wir niemanden freilassen müssen, der eine Gefahr für die Allgemeinheit ist."

Insgesamt, so rechnete Busemann gestern in Hannover vor, sitzen derzeit in niedersächsischen Gefängnissen 36 Sicherungsverwahrte ein, dem Minister aber geht es vor allem um zehn Häftlinge. Sie wurden vor 1998 zu Sicherungsverwahrung verurteilt; damals galt für diese Maßnahme eine Höchstgrenze von zehn Jahren. Für den Minister ist das nicht die einzige "Sicherheitslücke im System". Er kritisiert auch, dass derzeit einschlägige Vorstrafen etwa wegen Kindesmissbrauchs bei einer erneuten Verurteilung nur dann bei der Strafzumessung und der Entscheidung über Sicherungsverwahrung berücksichtigt werden können, wenn das erste Urteil nicht mehr als fünf Jahre zurückliegt. Diese Rückfallverjährung will er auf 15 Jahre im Regelfall und 20 Jahre bei Sexualdelikten verlängert sehen. "Der Schutz der Allgemeinheit überwiegt gegenüber dem Täterinteresse."

Unter Hinweis auf einen gefährlichen Sexualstraftäter, der nach dem Scheitern einer nachträglichen Sicherungsverwahrung jetzt bei seinem Bruder im nordrhein-westfälischen Heinsberg lebt, will Busemann noch weitere Veränderungen: So soll die nachträgliche Sicherungsverwahrung erleichtert werden, etwa dadurch, dass auch verjährte Straftaten in die Entscheidung einfließen. Auch dass eine nachträgliche Sicherungsverwahrung nur bei Vorliegen neuer Tatsachen möglich ist, hält Busemann für falsch. Er verwies dazu gestern auf den fiktiven Massenmörder aus dem Film "Das Schweigen der Lämmer": "Wäre Hannibal Lector eine reale Person, könnte man keine nachträgliche Sicherungsverwahrung anordnen, weil er schon immer höchst gefährlich war."

Aus seiner Sicht ist es in der Vergangenheit durch kurzfristiges Reagieren auf Einzelfälle zu den Lücken im System erst gekommen. Seine Forderung an den Bundesgesetzgeber: "Wir brauchen eine grundlegende Überarbeitung, eine Lösung aus einem Guss, die auch europafest sein sollte."

Eine Kleine Kammer am Europäischen Gerichtshof hat im Dezember 2009 die Freilassung eines gefährlichen Sexualstraftäters gefordert, weil die bei ihm verhängte nachträgliche Sicherungsverwahrung nichts anderes sei als eine Fortsetzung der Strafe.

Dieses Argument will Busemann widerlegen, den Vollzug der Sicherungsverwahrung dafür "grundlegend umgestalten, um einer Freilassung gefährlicher Straftäter vorzubeugen". Bereits jetzt sind Sicherungsverwahrte bessergestellt als Strafgefangene, haben etwa mehr Freistunden. "Das reicht nicht", sagt Busemann. Er denkt über deutliche Verbesserungen nach - damit die Sicherungsverwahrung nicht zur Fortsetzung der Strafe wird.