Der Politiker zahlte erst nach Presseanfrage. Schröder und Glogowski waren in ähnliche Fälle verwickelt - und wurden von der CDU attackiert.

Hannover. Gebucht hatte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) preiswerte Economy-Flüge, Air Berlin aber beförderte ihn, Ehefrau Bettina sowie die beiden Kinder ohne zusätzliche Kosten in der teuren Businessclass zum Weihnachtsurlaub nach Miami in Florida. Nachdem das am Wochenende bekannt geworden war, hat Wulff gestern die Notbremse gezogen: "Ich habe einen Fehler gemacht." Wulff reagierte mit seinem klaren Eingeständnis nicht nur auf die Medienberichte, sondern auch die Ankündigung der Oppositionsparteien, den Weihnachtstrip noch in dieser Woche zum Thema im Landtag zu machen. Wulffs Einlassung ist eindeutig: "Ich hätte entweder den Betrag sofort bezahlen oder aber darauf verzichten müssen." Er habe, so ein ungewohnt kleinlauter Wulff, "das wohl unterschätzt".

Tatsächlich war Wulff gewarnt. In seiner Zeit als Oppositionsführer gab es bereits zwei Flugaffären seiner sozialdemokratischen Vorgänger: Für seinen Flug mit einem VW-Jet zum Wiener Opernball zahlte 1996 der damalige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder nachträglich, weil die Empörung groß war. Sein Nachfolger als Regierungschef, Gerhard Glogowski, musste 1999 sogar zurücktreten, weil er auf Kosten des Reisekonzerns TUI nach Ägypten geflogen war zu einer Aufführung der Oper "Aida".

Am Wochenende dann berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vom kostenlosen Upgrade durch Air Berlin für Wulff und Familie. Dabei geht es um einen Kostenvorteil von rund 3000 Euro.

Die SPD stellte gestern prompt eine "dringliche Anfrage" für die Landtagssitzung und wollte ganz konkret wissen, ob es hier um eine auch strafrechtlich relevante "rechtswidrige Vorteilsnahme" geht. Regierungssprecher Olaf Glaeseker bestreitet dies energisch. Gebucht und bezahlt habe Wulff bereits im Mai die vier Flüge nach Miami für den Winterurlaub, - Touristenklasse, versteht sich. Drei Tage vor dem Abflug habe dann Air Berlin die "Upgrades" mitgeteilt. Laut Glaeseker hat der Ministerpräsident davon aber erst am Tag vor dem Start in den Urlaub erfahren. Wulff sei zudem davon ausgegangen, dass es der Fluggesellschaft lediglich darum gegangen sei, leere Plätze in der Businessklasse zu nutzen, um dann weitere Fluggäste für Economy annehmen zu können.

Ein Sprecher von Air Berlin sagte gestern dem Abendblatt, es sei übliche Praxis, "bei sehr gut gefüllten Maschinen wie dem Flug nach Florida" Passagiere kostenlos auf Business umzubuchen. Nach Durchsicht der Passagierliste sei dies auch bei Wulff so geschehen. Dies sei ein übliches Verfahren im Umgang mit Prominenten "aber nicht nur Politikern, sondern auch Fußballspielern oder Schauspielern".

Unternehmenschef Joachim Hunold, so der Sprecher, habe das nicht etwa veranlasst, sondern lediglich mündlich zugestimmt. Als der "Spiegel" Wulff dann vergangene Woche auf den Vorgang ansprach, zahlte der die Differenz nach. Und stellte gestern selbstkritisch fest, als Ministerpräsident habe man eine Vorbildfunktion: "Man muss jeden Anschein vermeiden."

Die SPD pochte auf das Ministergesetz, "das Regierungsmitgliedern bei Zuwendungen strengen Regeln unterwirft". Der Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel sieht nicht nur Klärungsbedarf, sondern ist erstaunt, dass Wulff die Umbuchung nicht rundweg abgelehnt hat: "Angesichts der unrühmlichen Historie mit firmenfinanzierten Flugreisen von niedersächsischen Politikern verwundert, dass Wulff nicht früher ein Unrechtsbewusstsein entwickelt hat."

Mit "mangelndem Unrechtsbewusstsein" bei Glogowski hatte der damalige Oppositionsführer Christian Wulff 1999 auf der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bestanden, obwohl der Ministerpräsident bereits zurückgetreten war.