Ella B. wollte eine sichere Altersvorsorge - doch sie geriet an die falschen Leute. Die Postbank gab ihre Daten an einen Betrüger.

Buxtehude. Die Stimme der Dame am Telefon klang sympathisch: Ein Bausparvertrag sei doch demnächst fällig, sagte die junge Frau, als sie bei Ella B. (76), Rentnerin aus Buxtehude, anrief. Ob nicht mal ein Kollege von der Postbank vorbeischauen solle, um mit ihr darüber zu sprechen, wie sie das frei werdende Geld am sichersten anlegen könne. Ella B. sagte Ja. Heute ist sie um 180 000 Euro ärmer - und um die Illusion, dass Finanzberater per se seriös sein müssten.

Dass Ella B. überhaupt in die Rolle eines Opfers geriet, liegt auch an Praktiken der Postbank, die im Oktober als "Datenskandal" Schlagzeilen machten. Wie Tausende anderer Datensätze machte die Postbank ihre Personen- und Kontodaten für freie Finanzvermittler zugänglich - Verkaufsprofis, die ihre Einkünfte aus Provisionen generieren. Die Kunden bekamen von der Freigiebigkeit des aus der Post hervorgegangenen Finanzkonzerns nichts mit. Mit einem Mal erhielten ungezählte Finanzvermittler die Möglichkeit, Adressen, Konten, Überweisungen und Rücklagen von Kunden einzusehen. Rechtlich stützte die Postbank diese Praxis auf verklausulierte Einwilligungserklärungen, die die Kunden unterschrieben hatten. Der von der Stiftung Warentest aufgedeckte Datenskandal sorgte bundesweit für Aufsehen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnte die Postbank jüngst ab. Heute endet die Frist, die die Verbraucherzentrale der Postbank zur Abgabe einer Unterlassungserklärung eingeräumt hat.

Als Ella B. zum zweiten Mal Opfer wurde, merkte sie es umso heftiger: Ihre Daten, die sie als gut situiert auswiesen, landeten bei Alexander K., einem sechsfach wegen Betruges vorbestraften "Finanzmanager", der unter dem Dach der "BHW Postbank" in Buxtehude ein Büro eröffnet hatte - und der heute in der Nordheide seinem Geschäft nachgeht. Ella B. berichtet von den Gesprächen mit dem Mann, der ihr die komplette Altersversorgung wegnahm: "Natürlich war er immer nett. Sehr nett sogar. Manchmal kam er einfach so abends vorbei." Er wusste, warum: Nach und nach übernahm er die Kontrolle über sämtliche Finanzen der Frau - und immer spielte er ihr vor, alles sei so bombensicher, wie Ella B. es gewünscht hatte. Die Rentnerin: "Er hat immer erzählt, was für ein toller Hecht er sei. Aber als ich dann mal in der Postbank-Filiale war, um ihn etwas zu fragen, sagte man mir, dass er dort nicht mehr tätig sei und dass ich mit ihm vorsichtig sein solle. Alexander K. sei entlassen worden. Er habe Prämien veruntreut." Ella B.: "Mein Geld war weg. Die Konten waren leer. Ich war wie in Trance."

Der Buxtehuder Rechtsanwalt Jan Stöffler von der Kanzlei Ebling Ziemann und Partner vertritt Ella B. seit jenem Tag. Ihm gab Alexander K. die Auskunft, das Geld sei unglücklicherweise bei Anlagegeschäften in Panama abhanden gekommen. Eine Version, die der Advokat auch wegen der Vorgeschichte des Mannes nicht ernst nimmt. Zumal K., Fahrer eines dunklen Audi A8, inzwischen eine notariell beglaubigte Schuldanerkenntnis unterschrieben hat - ohne in der Lage zu sein, die Schulden zu begleichen. Stöffler: "Unser Ansprechpartner ist ohnehin die Postbank. Nur leider enden sämtliche Versuche einer Einigung an der Blockadehaltung, die das Unternehmen eingenommen hat." Auf einen Brief, in dem Ella B. in rührenden Worten darlegt, dass sie auf das Geld angewiesen ist, kam ein Fünfzeiler zurück: "Wie wir bereits mitgeteilt hatten, war Herr K. nicht fest angestellter Mitarbeiter der Postbank Finanzberatung AG, sondern freier Handelsvertreter. Ihm war es untersagt, von Kunden Gelder entgegenzunehmen. Aufgrund dieser Tatsache sehen wir uns nicht in der Lage, Ihre Schadenersatzansprüche zu befriedigen." Vom Abendblatt zum Fall befragt, sagte die Postbank zunächst eine Stellungnahme zu. Dann meldete sich das Unternehmen trotz mehrerer Nachfragen nicht mehr. Im Januar beginnt der Prozess, in dem Ella B. ihr Geld wiederzubekommen hofft. "Das ist meine letzte Chance", sagt die 74-Jährige.