Viele Angestellte arbeiten für 2000 Euro brutto - inklusive Zulagen. “Zu wenig, um eine Familie zu ernähren“, sagen die Fahrer.

Itzehoe/Kiel. Für Busfahrer Peter Jahn ist Endstation. Der 49-jährige Familienvater lenkt seinen Linienbus oft mehr als 39 Stunden in der Woche durch Itzehoe, kann von seinem Lohn (mit Zulagen um die 2000 Euro brutto) aber nicht leben. "Es ist viel zu wenig, um als Alleinverdiener Frau und Kinder zu versorgen", klagt er. Vor allem der Nachwuchs kostet. Eines seiner beiden Kinder geht noch zur Schule.

Beim Warnstreik im privaten Busgewerbe ist Jahn sofort dabei. Wie seine Kollegen Holger Grütte (60) und Axel Möncke (51). Sie fahren ebenfalls für das Unternehmen Steinburger Linien (Veolia Konzern), und auch bei ihnen reicht das Gehalt vorn und hinten nicht. "Es kann doch nicht sein, dass wir nur mithilfe von Überstunden unsere Familien ernähren können", sagt Grütte. "Wir wollen nur einen Tarif, der wie bei unseren Kollegen im kommunalen Bereich für ein normales Leben ausreicht", ergänzt Möncke.

Wie dem Trio aus Itzehoe geht es etwa 1000 weiteren Busfahrern in Schleswig-Holstein. Für sie gilt der Tarifvertrag des Omnibus Verbandes Nord (OVN), um dessen Fortschreibung seit Wochen gestritten wird. "Nach dem geltenden Vertrag bekommt ein Busfahrer im Schnitt nur 1830 Euro brutto im Monat", behauptet der Sprecher der Gewerkschaft Ver.di, Frank Schischefsky. Die Kollegen würden damit landesweit am schlechtesten bezahlt.

Etwas besser geht es den Fahrern in Kiel, Lübeck und Neumünster. Sie haben einen eigenen Stadt-Tarifvertrag, verdienen im Schnitt etwa 150 Euro mehr. Vorneweg fährt die Autokraft. Die Bahn-Tochter liegt etwa 300 Euro über dem ONV-Tarif. "Das ist immer noch nicht viel", meint Schischefsky. Sein Vergleich: Eine Verkäuferin im Einzelhandel verdient 2160 Euro brutto im Monat und damit mehr als viele Fahrer im Hamburger Umland. Für den OVN-Bereich verlangt Ver.di einen kräftigen Nachschlag von 200 Euro im Monat. Fernziel von Ver.di ist "ein Land, ein Lohn", also ein auskömmliches Einheitsgehalt für die etwa 4000 Busfahrer in Schleswig-Holstein.

Der ONV hält dagegen. Nach seiner Rechnung kommt ein Busfahrer (40 Jahre, zwei Kinder) bei einer 39-Stunden-Woche auf etwa 2100 Euro brutto im Monat. Sonntags- und Nachtzuschläge sind dabei allerdings ebenso eingerechnet wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. "Der ONV gehört damit schon jetzt zu den Top drei in Deutschland", sagt Geschäftsführer Walter Koch. Mehr als das jüngste OVN-Angebot, fünf Prozent mehr Lohn, könnten die Busunternehmen nicht verkraften. Koch erinnert zudem daran, dass Busfahrer ihr Gehalt durch Überstunden deutlich aufbessern könnten. "Viele machen davon Gebrauch." In Itzehoe winken Jahn, Grütte und Möncke ab. "Das geht auf Dauer zulasten unserer Gesundheit und Familien, die uns nicht zu Hause sehen", sagt Jahn. Zudem sei die Möglichkeit, Überstunden zu machen, vom Gesetzgeber stark eingeschränkt worden.

Ein schnelles Ende des Arbeitskampfes ist nicht in Sicht. OVN und Ver.di wollen am Dienstag zwar verhandeln, bereiten sich aber schon auf einen Folgetermin vor. Leidtragende des Arbeitskampfes sind die Fahrgäste, vor allem im Hamburger Umland. Sie warten oft vergeblich auf ihren Bus.

Wie vergiftet das Verhandlungsklima ist, zeigt ein weiterer Streitpunkt. Folgt man Ver.di, dann müssen einige OVN-Fahrer ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken. Folgt man dem OVN, ist das "reine Polemik". Fakt ist, dass die Bundesagentur für Arbeit davon ausgeht, dass ein Gehalt von 2000 Euro brutto "im Einzelfall" nicht ausreicht, um den Gesamtbedarf einer Familie zu decken. Busfahrer Möncke überlegt derweil, wie er die Klassenfahrt seines Sohnes bezahlen soll. "Das schaffe ich nicht." Der Trip mit Bus kostet 450 Euro. Die Schule könnte mit dem Busunternehmen noch mal verhandeln, überlegt Möncke laut und verwirft den Gedanken sofort. Der Wettbewerb im Fernverkehr ist hart und die Fahrer von Reisebussen werden meist noch schlechter bezahlt als die im Linienverkehr.