Norderstedt. Otmar Korte aus Norderstedt möchte keine Steuern mehr zahlen und klagt vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein in Kiel auf Steuerbefreiung. Denn Otmar Korte fühlt sich als Contergan-Opfer nicht nur in seiner Menschenwürde verletzt - er gibt der Bundesrepublik auch eine Mitschuld an seiner Behinderung, daran dass er ohne richtige Arme zur Welt gekommen ist.

"Meine Contergan-Schädigung wäre nicht eingetreten, wenn der Staat seiner Fürsorgepflicht nachgekommen wäre", sagt der 48-Jährige. Denn: "Mehr als die Hälfte der Contergan-Schädigungen wären vermieden worden, wenn die Bundesrepublik damals ihren staatlichen Verpflichtungen nachgekommen wäre.

Erste Schadensfälle hätte sie als Warnung nehmen müssen." Bevor Korte im August 1961 auf die Welt gekommen war, hatte seine Mutter das rezeptfreie Schlafmittel Contergan des Pharmakonzerns Grünenthal eingekommen. Korte ist einer von 2500 noch lebenden Contergan-Geschädigten in Deutschland.

Trotz seiner Behinderung ist er selbstständig geblieben: Er hat geheiratet, ist Anwalt geworden und Vater von zwei Kindern. Er bezieht keine Zuschüsse vom Staat, keine Sozialleistungen. Korte will aber auch nicht, dass dieser von ihm Steuern erhält. Seit eineinhalb Jahren zahlt er keine Einkommensteuer und auch keinen Solidaritätszuschlag. Lediglich die gewerbliche Umsatzsteuer zahlt er. Das Finanzamt Bad Segeberg hat die Vollstreckung angedroht. Korte: "Nur um weitere Nachteile in meinem Beruf als Rechtsanwalt zu vermeiden, habe ich inzwischen zweimal 5000 Euro gezahlt."

Auf mehr als 70 Seiten begründet er seine Klage. Nun muss das Finanzgericht in Kiel darüber entscheiden. Korte: "Möglicherweise kann die Rechtsfrage erst auf europäischer Ebene geklärt werden."