Oldenburg. Heinz Erhardt war Türke. Das ist nicht etwa eine neue biografische Erkenntnis über den Komiker der deutschen Wirtschaftswunderjahre, sondern der Ansatz von Dramaturg John von Düffel für eine aktuelle Deutschlandstudie. In seinem neuesten Theaterstück "Ich, Heinz Erhardt", das morgen in Oldenburg uraufgeführt wird, verwebt der Bestsellerautor eine Hommage an den Humoristen Heinz Erhardt mit der aktuellen Thematik integrationswilliger Türken in Deutschland.

Heinz Erhardt zum Türken zu machen hat für von Düffel einen tieferen Sinn. Man könne sich diesem herausragenden Komiker nur auf zwei Ebenen nähern, der reinen Imitation oder einem neuen Blickwinkel, sagt der Autor und fügt hinzu: "Ich habe mich für den schrägmöglichsten Blickwinkel entschieden." Und dieser schielt auf das breite Spektrum des heiklen Themas Einwanderung.

Generationen hat Heinz Erhardt mit seinem oftmals naiv wirkenden Humor begeistert. Der Komiker gilt als Prototyp des Wirtschaftswunder-Deutschen. "Dabei hat Erhardt als Migrant die Rolle eines Außenseiters gehabt, der sich nur auf der Bühne heimisch fühlte", erklärt von Düffel mit Blick auf die deutsch-baltische Herkunft Erhardts, der 1909 im damals zum Russischen Reich gehörenden Riga geboren wurde.

Auf der Bühne geliebt wird auch von Düffels Freund Murat Yeginer, der ihn nicht nur zu dem Stück animiert hat, sondern auch die Rolle des Ahmet Erhardt übernimmt.

Yeginers Familie kam 1959 nach Deutschland. "Türkische Gastarbeiter wie diese gehören ganz deutlich zum Wirtschaftswunder", sagt Autor von Düffel.

In dem 90-minütigen Yeginer-Solo mit Gesangs- und Slapstikeinlagen wird aus dem gebürtigen Letten Heinz Erhardt ein Bäcker aus Anatolien, der eher aus Versehen in der Bundesrepublik als Komiker Karriere macht. An den "echten" Erhardt mit seiner scheinbaren Naivität und liebenswerten Unbeholfenheit erinnern Textzitate und Filmausschnitte. Der Integrations-Beauftragte, der Türken auf den Einbürgerungstest in Deutschland vorbereitet, heißt Ahmet Erhardt und behauptet, ein Sohn des perfekt angepassten Musterdeutschen zu sein. Am Ende der Aufführung ist Ahmets Assimilation auch optisch perfekt: Er trägt jetzt Anzug mit Hemd und Krawatte und hat seinen Schnauzbart abgerissen, während Heinz Erhardt per Video in einem Scheichkostüm grüßt.