Marlene Löhr (24) ist die neue Vorsitzende der Nord-Grünen. Die Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung hat sie nicht aufgegeben.

Kiel. Die neue Vorsitzende der Nord-Grünen, Marlene Löhr (24), hat die Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung in Schleswig-Holstein noch nicht aufgegeben. "Wenn Schwarz-Gelb die Mehrheit im Landtag verliert, sind wir offen", sagte die Studentin dem Abendblatt am Rande des Parteitags in Kiel. "CDU und FDP müssten sich aber um 180 Grad drehen, damit wir mit ihnen koalieren."

Löhr, die wohl jüngste Parteichefin Deutschlands, sprach den Grünen damit aus dem Herzen. Die Öko-Partei war ohne Koalitionsaussage in die Landtagswahl gezogen und bekannte sich auf dem Parteitag zu einem "eigenständigen" Kurs. "Falsche Solidarität oder künstliche Abgrenzung wird es nicht geben", hieß es im Leitantrag, der eine große Mehrheit fand. Ein Gegenantrag (keine Jamaika-Koalition) bekam nur eine Handvoll Stimmen.

Für die Grünen punkten soll die neue und erstmals rein weibliche Doppel-Spitze. Neben Löhr, die ohne Gegenkandidaten 73,8 Prozent holte, rückte Erika von Kalben (45) in die Parteiführung auf. Die Realpolitikerin aus Borstel-Hohenraden (Kreis Pinneberg), die in der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt arbeitet, bekam viel Applaus für ihre Attacken gegen die FDP und trotz eines Gegenkandidaten stolze 86,3 Prozent der Stimmen.

Notwendig war die Neuwahl, weil die beiden bisherigen Parteichefs Marlies Fritzen (47) und Robert Habeck (40) in den Landtag einzogen und ihre Parteiämter damit nach Grünen-Statut räumen mussten. Habeck, der inzwischen Fraktionschef ist und als Kopf der Öko-Partei gilt, kündigte eine knallharte Opposition im Landtag an. "Wir werden das Gruselkabinett das Fürchten lehren."

Habeck erinnerte zugleich daran, dass CDU und FDP bei der Wahl rund 27 000 Wählerstimmen weniger erhielten als die Oppositionsparteien und die Grünen die Mandatsverteilung im Landtag anfechten. Falls Schwarz-Gelb kippen würde, bekäme ihr "Koalitionsvertrag" keine Mehrheit durch die Grünen, orakelte Habeck. Auf dem Parteitag wurde das so verstanden, dass die Grünen nur mitregieren würden, wenn es einen neuen schwarz-gelb-grünen Koalitionsvertrag gebe.

Im Rampenlicht des Parteitags stand aber Löhr. Die angehende Politologin aus Flensburg machte deutlich, dass sie kein Grünschnabel ist, als Beisitzerin im Vorstand schon Wahlkämpfe mitorganisiert und einige "Demoerfahrungen" (Gorleben, Heiligendamm, Berlin) habe. Politisch fühlt sich Löhr, die aus Lüneburg stammt und dort am Gymnasium Oedeme Abitur machte, bei keinem der Grünen-Flügel heimisch. "Ich gehöre zu einer wunderbaren, jungen Gruppe, die sich nicht in Schubladen einordnen lässt." Privat taucht die Nachwuchspolitikerin gern ab, mit Sauerstoffgerät in der Ostsee oder im Kreidesee Hemmoor bei Stade.