Minnesänger-Wettstreit um die Gunst der holden Beatrix. Sänger aus ganz Europa traten an. Mal traurig, mal nachdenklich, mal fröhlich.

Braunschweig. Es war eindeutig Bratengeruch, der am Sonnabendabend durch die mächtige St.-Martini-Kirche in Braunschweig zog. Auch Sekt und Wein direkt im Kirchenschiff waren ungewohnt für die pausbäckig-barocken Engelchen. Und die Musik, die dann erklang, reicht zurück in die Zeit, als Heinrich der Löwe um 1190 die Kirche bauen ließ: Minnesänger aus ganz Europa traten hier zum Wettstreit an um die Gunst der schönen Beatrix, aber auch der Besucher, für die die Kirchenbänke nicht reichten.

Das Minnesänger-Festival ist Teil einer aufwendigen ganzjährigen Inszenierung, mit der Braunschweig sich und Otto IV. feiert - den einzigen deutschen Kaiser aus dem Adelsgeschlecht der Welfen. Der kam 1209 auf den Thron, und für ihn schrieb damals der vielleicht berühmteste Minnesänger seiner Zeit, Walther von der Vogelweide, das "Ottenton", mit dem die Sänger auch ihr Konzert einleiteten: "Herr Kaiser, Ihr seid uns willkommen!" Bei Licht betrachtet aber gilt unter den Experten als ausgemacht, dass auch damals schon galt: "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing." Die Minnesänger priesen nicht nur die Frauen (wobei "Minne" nicht Liebe im heutigen Sinne meint; die besungene adlige Frau - tabu und unerreichbar - wurde lyrisch überhöht); sie waren auch Propagandisten ihrer Fürsten, meist geplagt von Karriereängsten.

Ihre späten Nachfahren tragen zumeist lange, in das Mittelalter passende und zuweilen schon schüttere Haare, sind eigentlich Juristen und Drucker, aber vor allem sind sie dem Minnegesang verfallen. Der Abend ist nicht nur geprägt von ungewöhnlichen Klängen, sondern auch der Farbenpracht der langen Gewänder, die mit Stolz getragen werden. Begleitet von ebenfalls aus ganz Europa angereisten Musikanten mit meist historischen Instrumenten, von der Harfe über die Geige bis zu Flöten, gehen sie in St. Martini ganz selbstverständlich vor Kaiser Otto und seiner Gemahlin Beatrix in die Knie - es waren extra Schauspieler engagiert worden.

Mal traurig, mal nachdenklich, mal fröhlich - wenn sie von vollen Tischen am Hofe berichten - erzählen sie ihre Geschichten auf Mittelhochdeutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Und durch die mächtige dreischiffige Kirche hallte auch eifrig beklatschte Kirchenkritik aus dem Mittelalter: "Und wer ein Bischof werden will, der braucht vor allem ganz viel Geld." Der Braten samt Geruch gehört in die Zeit des Minnegesangs (die mittelalterliche Fürstentafel ist sehr fleischlastig), wird in der Pause in der Kirche serviert in aufgeschnittenen riesigen Brötchen.

Auch bei den Minnesängern gilt indes: Es kann nur einen geben - einen Sieger. Und der heißt Davide di Giannantonio. Der junge Barde und Lautenspieler aus dem norditalienischen Cuneo setzte sich gegen die sechs Mitbewerber durch. Mit seinen Liedern verzauberte er Herz und Ohren der "holden Beatrix" derart, dass sie ihn schließlich zum Sieger kürte. Zufrieden waren auch die Veranstalter: Mit 1500 Besuchern wurden die Erwartungen deutlich übertroffen.