Trockene Bäche, Risse in Häusern, vertrocknende Feuchtgebiete - Umweltschützer befürchten weitere Schäden im Naturpark.

Hamburg. Dreht die Lüneburger Heide Hamburg den Wasserhahn zu? Nach 35 Jahren Wasserförderung in der Nordheide entscheidet der Landkreis Harburg in den nächsten Wochen, ob die Hamburger Wasserwerke (HWW) weiter im bisherigen oder in noch größerem Umfang Wasser in die Hansestadt pumpen dürfen. Die HWW haben eine Erhöhung der erlaubten Fördermenge von 15,7 auf 16,6 Millionen Kubikmeter im Jahr beantragt. "Wir prüfen sehr genau, welche Folgen eine Ausweitung der Wasserentnahme haben könnte und ob Hamburg tatsächlich so viel Wasser benötigt. Das Verfahren ist ergebnisoffen", sagt Georg Krümpelmann, Sprecher des Landkreises.

Die CDU-Fraktion hat sich schon gegen die Verlängerung der Grundwasserentnahme und auch gegen eine Erhöhung der Fördermenge ausgesprochen, sie fordert eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Das Thema Heidewasser ist von Beginn an heiß umstritten. Vor fünf Jahren lief der 1974 zwischen Hamburg und Niedersachsen geschlossene Vertrag über die Wasserentnahme aus. In den ersten Jahren war es zu massiven Schäden in den Pumpregionen gekommen. Bäche, Teiche und Feuchtgebiete fielen trocken, an Gebäuden traten Risse auf, sodass die Wasserwerke die erlaubte Fördermenge von rund 20 Millionen Kubikmeter freiwillig auf 15 Millionen Kubikmeter begrenzten. Für eine Übergangszeit bewilligte die inzwischen aufgelöste Bezirksregierung Lüneburg die Förderung von 15,7 Millionen Kubikmetern pro Jahr.

Sollte die Fördermenge tatsächlich erhöht werden, befürchten die Gegner der Wasserentnahme, dass es erneut zu nachhaltigen Schäden für die Natur in der Heide kommt. Schon jetzt falle der obere Bereich der Este immer öfter trocken, Heidebäche führten weniger Wasser, und der Grundwasserspiegel sei um geschätzte 40 bis 60 Zentimeter gefallen. "Weitere Schäden dürfen wir nicht zulassen", sagt Karl-Herrmann Ott von der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN). "Jetzt haben wir die letzte Chance, Schlimmeres zu verhindern - und zwar die letzte Chance für die nächsten drei Jahrzehnte."

Ott wirft der Gegenseite unredliche Methoden vor. "Mir hat man 15 DIN-A4-Ordner mit Antragsunterlagen ins Haus geliefert. Wer soll das alles lesen?!" Die IGN fürchte, dass 16,6 Millionen Kubikmeter "nicht das Ende der Fahnenstange sind: Da wird doch mit allen Tricks gearbeitet." Die Naturschützer ärgert besonders, dass Hamburg mit dem billigen Heidewasser "aus einem längst abgeschriebenen Wasserwerk schöne Gewinne einfährt". Ott: "Wir sehen nicht ein, dass Hamburg mit den Gewinnen aus dem Heidewasser auch noch seine Bäder finanziert."

Bürger aus derLüneburger Heide können Bedenken gegen die umstrittene Wasserförderung in ihrer Region nun vorbringen. Ein Antrag der Hamburger Wasserwerke auf eine Verlängerung der Pumprechte bis 2035 liege noch bis zum 11.Januar 2010 in Buchholz, Hanstedt, Jesteburg, Salzhausen, Tostedt, Schneverdingen, Bispingen, Amelinghausen und Reppenstedt aus, teilte der Kreis Harburg mit. Einwendungen könnten bis zum 25. Januar 2010 an den Kreis Harburg geschickt werden.

Carsten Roth, Pressesprecher von Hamburg Wasser, Dachgesellschaft von HWW und Stadtentwässerung, weist die Kritik entschieden zurück. "Es gibt keine nachhaltigen Schäden durch die Wasserentnahme in der Nordheide." Zwar seien durchaus Auswirkungen auf Este und andere Gewässer festzustellen, diese seien aber keineswegs gravierend. Auch das Grundwasser sei nicht gefährdet, da die Wasserförderung durch Niederschläge ausgeglichen werde. Roth: "Wir legen hier eine hohe Sensibilität für die Umwelt an den Tag. Die Auswirkungen der Wasserentnahme werden im Zuge der Beweissicherung ständig überwacht." Der Sprecher weist darauf hin, dass sich die Menge von 15,7 Millionen Kubikmeter auf ein langjähriges Mittel der geförderten Wassermenge bezieht und die beantragten 16,6 Millionen Kubikmeter gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsmargen enthielten.