In Hannover fehlen 293 Millionen Euro in der Kasse, aber die Landeshauptstadt ist eher die Regel als die Ausnahme. Mindestens jede zweite der rund 500 Kommunen in Niedersachsen kann angesichts der wegbrechenden Einnahmen ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen.

Hannover. Zu spüren bekommen das bald auch die Bürger durch höhere Eintrittspreise in Schwimmbädern und Büchereien. Mit solchen Einschnitten allein aber lassen sich die Finanzen nicht sanieren. Die Spitzenverbände von Städten und Gemeinden haben deshalb gestern in Hannover ein "Sofortrettungsprogramm" gefordert.

Dabei steht den Kommunen das Schlimmste noch bevor: Die Steuereinnahmen 2011 liegen deutlich unter den Planzahlen und eben wegen der Wirtschaftskrise steigen vor allem die Sozialhilfeausgaben immer schneller, weil auch die Zahl der Hartz-IV-Empfänger absehbar dramatisch ansteigt. Bundesweit wird mit einem zweistelligen Milliardendefizit sowohl 2009 wie 2010 gerechnet. "Die Lage der Kommunen wird immer dramatischer", sagte gestern in Hannover Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.

Mit Hilfe vom Land ist nicht zu rechnen. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sieht "derzeit keine Veranlassung", die Verteilung der knapper werdenden Gelder zwischen Land und Kommunen zu verändern. Dies würde die Finanzprobleme des Landes noch vergrößern. Die Landesregierung plant wegen der einbrechenden Einnahmen ohnehin rekordverdächtige neue Schulden von je 2,3 Milliarden Euro für das laufende und das kommende Jahr.

Angesichts eines Einbruchs von über 14 Prozent allein bei der Gewerbesteuer rechnen die Spitzenverbände von Städten und Gemeinden damit, dass die Summe der Kassenkredite der niedersächsischen Kommunen von derzeit 4,4 Milliarden auf mindestens fünf Milliarden Euro steigen wird. Kassenkredite sind eigentlich nur erlaubt, um kurzfristig Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Weil aber das Land seinerseits nicht mitten in der Krise sparen will und mehr Schulden macht, wird das Innenministerium den Kommunen kaum auf die Finger klopfen.

Der Osnabrücker Oberbürgermeister Boris Pistorius (SPD) fordert deshalb inzwischen von der neuen Bundesregierung einen "Rettungsschirm" nach dem Vorbild der Banken. Städtetag und Städte- und Gemeindebund Niedersachsen haben gestern einen konkreten Forderungskatalog auch für die neue Bundesregierung vorgelegt. So soll der Bund seine Beteiligung an den Kosten für Hartz-IV-Empfänger nicht wie geplant senken, sondern entsprechend der tatsächlichen Entwicklung erhöhen. Angst macht den Kommunen zudem eine "neue Generation von Eltern". Die Befürchtung der Spitzenverbände: Weit mehr als die für 2013 eingeplanten 35 Prozent der Eltern werden eine Betreuung für Kinder unter drei Jahren einfordern.

Aber nur für diese Prozentzahl sind bislang die Kosten von zwölf Milliarden Euro kalkuliert und vom Bund mitfinanziert worden. Besonderer Wunsch an die neue Bundesregierung: keine neuen Gesetze, mit denen den Kommunen neue teure Aufgaben ohne Gegenfinanzierung übertragen werden.