Auch Streit um die Bürgerrechte. Schon am 27. Oktober soll neue Regierung in Schleswig-Holstein stehen.

Kiel. In Schleswig-Holstein bereiten sich CDU und FDP auf schwierige Koalitionsverhandlungen vor. Weit auseinander liegen Schwarze und Gelbe insbesondere beim Sparkurs, der Schulpolitik, den Bürgerrechten und nicht zuletzt in der Frage, wer welche Ministerien besetzen darf. Unüberbrückbare Gegensätze gibt es bisher allerdings nicht.

Starten soll der Koalitionspoker frühestens am Dienstag. In den nächsten zwei Wochen wollen CDU und FDP die Streitpunkte klären, den Koalitionsvertrag dann den Parteigremien vorlegen. Die CDU will am 24. Oktober auf einem Parteitag in Husum entscheiden. Die FDP wird vermutlich am selben Wochenende tagen. Bereits am folgenden Dienstag (27. Oktober) soll der neue Landtag erstmals zusammentreten und Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) im Amt bestätigen.

Carstensen leitet als CDU-Chef das schwarze Verhandlungsteam. Die FDP hat gleich zwei Spielführer nominiert, den formal zuständigen Parteichef Jürgen Koppelin und den eigentlichen Kopf der Nordliberalen, Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Schwarze wie Gelbe zeigten sich zuversichtlich, dass sie die Knackpunkte für eine Koalition beseitigen können.

Ganz oben auf der Zoff-Liste steht die Finanzpolitik. Carstensen will bis 2020 mindestens 4800 Stellen im Landesdienst streichen. Aus Sicht von Kubicki ist das "unrealistisch". Er beziffert das mögliche Sparvolumen auf nur 600 bis 700 Stellen. Die Differenz erklärt sich auch daraus, dass die FDP bei der Polizei nicht sparen will und für Zusatzangebote im Schulbereich mehr Personal braucht.

Umstritten sind auch andere Sparaktionen. Die CDU möchte Einzelbetriebe weiterhin fördern, die FDP will das Millionenprogramm einstellen. Klar ist, dass selbst die Summe aller bisherigen schwarz-gelben Sparideen nicht ausreicht, um das überschuldete Land auf einen soliden Kurs zu bringen. Hinzu kommt der Krach um die HSH Nordbank: Carstensen hält zu Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher, Kubicki will ihn feuern.

Hauptstreitpunkt in der Bildungspolitik ist die Schulreform, die CDU und SPD 2007 beschlossen hatten. Kubicki will die Reform ein Stück zurückdrehen, die Realschule als Angebotsschule erhalten. Carstensen lehnt das kategorisch ab. Die gleiche Frontlinie gibt es beim Turbo-Abi (G8). Die FDP will es den Gymnasien überlassen, ob sie auf G8-Kurs bleiben oder wie früher ein Abi nach neun Jahren (G9) anbieten. Die CDU ist strikt dagegen.

Verhärtet sind die Fronten auch in der Innenpolitik. Die FDP möchte das von der Großen Koalition verschärfte Polizeigesetz schleifen, die Bürgerrechte ausbauen. Die CDU setzt weiter auf "law and order" und möchte am liebsten beim Polizeirecht noch draufsatteln. Am Datenschutz scheiden sich ebenfalls die Geister: Die CDU will die Datenschutzbehörde abspecken, die FDP nicht.

Viel Zündstoff birgt zudem der Postenschacher. Carstensen beansprucht für die CDU fünf der derzeit sieben Ministerien, Kubicki für die FDP drei, darunter das Bildungsressort. Ein Koalitions-Killer ist selbst das nicht. CDU und FDP könnten den Zuschnitt der Ressorts ändern oder versuchen, über zusätzliche Staatssekretäre zu einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis zu kommen.

Im Streit um das Wahlergebnis bekam Carstensen gestern etwas Rückendeckung. Nach Einschätzung der Landeswahlleiterin kann die CDU-Fraktion frei werdende Plätze nachbesetzen, obwohl sie drei ungedeckte Überhangmandate (ohne Ausgleich) hat. Die Grünen protestierten. Die Entscheidung der Wahlleiterin kann nur vom Landesverfassungsgericht überprüft werden.

Die Kernfrage, ob es überhaupt ungedeckte Überhangmandate geben darf, wird der Landeswahlausschuss Mitte Oktober beantworten. Bisher zeichnet sich in dem Gremium aber keine Mehrheit dafür ab, den Wahlsieg des Rechtsblocks (CDU, FDP) in einen des Linkslagers (SPD, Grüne, Linkspartei, SSW) umzuwandeln.