Sohn klagt seinen Vater an: “Er wollte sie loswerden. Er hat unsere Familie zerstört.“ Schichtarbeiter gesteht die Bluttat.

Hildesheim. Weil sie seinem Leben mit einer neuen Freundin im Weg stand, hat ein 45 Jahre alter Türke aus Gifhorn nach jahrelangem häuslichem Streit seine Frau erschossen. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Hildesheim gestand der Mann am Montag relativ emotionslos, seine Frau im März getötet zu haben. "Das war ein Unglück, so was habe ich nicht gewollt", sagte er. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei der Tat um einen sogenannten Ehrenmord, weil die Ehe der beiden zerrüttet war, eine Scheidung aber trotzdem nicht in Betracht kam.

Der Türke, Schichtarbeiter bei einem Autozulieferer, hatte seine Frau im Kinderzimmer hinterrücks erschossen. Vorausgegangen waren jahrelange Streitereien, mal um Geld, dann um die Kinder, auch mit den Nachbarn gab es immer wieder Zoff. Nach Schilderungen des Sohnes schlug der Vater seine Mutter immer wieder. 2003 war sie deswegen bereits mit den Kindern für mehrere Wochen in ein Frauenhaus geflüchtet. "Er hat sie verbal attackiert, auch geschlagen, es lief halt nicht gut in der Ehe", sagte sein Sohn. Zusammen mit seiner Schwester (14) trat er am Montag als Nebenkläger gegen den Vater auf. Der Türke hatte immer wieder andere Frauen, im Frühjahr 2008 ging er dann eine Beziehung mit einer rumänischen Prostituierten ein, die er auch finanziell unterstützte. Er flog mehrfach nach Wien, um die neue Geliebte zu besuchen.

"Ich habe sie geliebt, diese Frau", räumte er auf Drängen des Richters ein, betonte aber zugleich: "In unserer Familie lief es gut. Dass ich diese Frau geliebt habe, ist eine Seite, die Familie ist eine andere Seite." Das Opfer, eine 43-jährige Türkin, hatte zwar immer wieder unter ihrem Mann zu leiden, lehnte eine Scheidung nach Worten ihres Sohnes aus wirtschaftlichen Gründen dennoch ab. Sie hatte ihren Mann 1987 in der Türkei kennengelernt und rasch geheiratet. Dann folgte sie ihm nach Deutschland, schnell kam das erste Kind. Doch Deutsch lernte die Frau nie gut, auch mit den neuen Verwandten ihres Mannes soll sie sich nicht gut verstanden haben.

Im Sommer vor der Tat buchte der Mann wieder einmal Türkei-Tickets für den Familienurlaub, für Mutter und Tochter stornierte er allerdings später die Rückflug-Tickets. "Er wollte sie abschieben", sagte der Sohn. "Unsinn", meinte dagegen der Vater. Seine Frau habe davor zwar Angst gehabt, aber er habe dies nie geplant. Auch sonst betonte der Angeklagte, habe seine Familie einen westlichen Lebensstil gepflegt. Kopftuch? "Trug sie nicht." Der Sohn berichtete dagegen, dass der Vater seine Mutter überwacht habe und ihr den Kontakt zur Außenwelt verbieten wollte. Der Mann hegte auch den Verdacht, seine Frau habe sich einem Kurden zugewandt. "Dadurch sah er seine Ehre zusätzlich beschmutzt", sagte der Staatsanwalt.

Und so versucht das Gericht auch zu klären, ob es sich bei der Tat um einen klassischen Ehrenmord handelt - auch wenn es diesen Begriff im deutschen Recht nicht gibt. Für die Höhe der Haftstrafe sind zwar auch die Motive entscheidend, mehr noch aber, ob es sich um eine von langer Hand geplante Tat handelte. "Ich konnte es nicht fassen, dass er wirklich geschossen hat", sagte der Sohn. "Er wollte sie loswerden, das hatte er seit Langem geplant. Er hat unsere Familie zerstört."