Im Norden nimmt vor allem der Heroinhandel zu. Funde der Kaudroge Khat in Schleswig-Holstein versechsfacht.

Kiel/Hannover. Drogenhandel, Prostitution, Menschenschmuggel und Wirtschaftskriminalität: Der wirtschaftliche Schaden durch organisierte Kriminalität (OK) ist von 457 Millionen (2007) auf 691 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Einen großen Anteil an den Gewinnen der Banden hat der Drogenhandel. 2008 betrug der Gewinn in diesem Bereich bundesweit 156 Millionen Euro. Insgesamt verdienten die mafiösen Banden 663 Millionen Euro (Vorjahr: 480 Millionen Euro). Diese Zahlen gab Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), gestern bei der Vorstellung des Lagebildes zur organisierten Kriminalität bekannt.

Den größten Gewinn machten Banden 2008 mit Wirtschaftskriminalität (390 Millionen Euro). Immer beliebter wird der Bereich "Pennystocks". Das sind wertlose Aktien, die mit fingierten Meldungen in Wirtschaftsmedien für Käufer interessant gemacht werden. Die Hamburger Polizei, die 1982 die bundesweit erste Fachdienststelle OK gegründet hat, überführte im vergangenen Jahr eine Bande, die 128 Anleger um 4,5 Millionen Euro geprellt hatte. Zwei Männer und eine Frau hatten die Bilanzen eines insolventen Schiffstechnikunternehmens gefälscht. Anschließend verkauften sie die wertlosen Anteile des Unternehmens zum Einzelpreis von 260 Euro. Gleichzeitig stellten die Fahnder 160 000 Euro sowie Konten und Lebensversicherungen sicher. Insgesamt schöpften Hamburger Beamte bei 35 Verfahren rund sieben Millionen Euro illegale Gewinne ab, sagt Polizeisprecher Ralf Meyer. Bundesweit waren es 170 Millionen Euro. Nach Abschluss der Verfahren fließt das Geld in die Staatskasse. Der wirtschaftliche Schaden allein in Hamburg: 61 Millionen Euro.

In Schleswig-Holstein kam es 2008 zu 17 OK-Verfahren. Laut LKA-Sprecher Stefan Jung hatten es die Ermittler ebenfalls häufig mit Drogenhandel, aber auch Menschenhandel und Schleusung zu tun. "Wir sind ein klassisches Transitland." Meist wurden Drogen und Menschen über die Vogelfluglinie nach Skandinavien geschmuggelt. Auch die sogenannte Rockerkriminalität nimmt zu. Immer wieder kommt es zu Kämpfen zwischen den verfeindeten Banden Hells Angels und Bandidos. Der spektakulärste Fall: Sieben Männer (20 bis 48) hatten 16,5 Kilo Heroin aus der Türkei in Hohlräumen eines Autos geschmuggelt. Die Polizei fand bei ihnen zudem 40 000 Euro und 50 Kilo Streckmittel in dem Wagen, der nach Skandinavien unterwegs war. Allein von der Kaudroge Khat wurden im vorigen Jahr 16 Tonnen in Schleswig-Holstein beschlagnahmt, die eigentlich für den dänischen Markt bestimmt waren. Das war sechsmal so viel wie noch im Jahr 2007.

In Niedersachsen zählte die Polizei im vergangenen Jahr 41 OK-Verfahren. Schwerpunkt war mit 45 Prozent ebenfalls der Rauschgifthandel. Die Ermittler verzeichneten dabei einen deutlich steigenden Absatz von Heroin. Der Schaden durch organisierte Kriminalität lag 2008 in Niedersachsen bei 88 Millionen Euro.

Ebenfalls der organisierten Kriminalität rechnet die Hamburger Polizei eine Schießerei vor gut fünf Wochen in Billstedt zu, die nun aufgeklärt wurde. Den Iranern Ali A. (32) und Hamid K. (36) kann die Polizei anhand von Spuren und Zeugen nachweisen, dass sie an den Schüssen auf den Wirt eines Billard-Cafés beteiligt waren. Hintergrund: ein Streit im Drogenmilieu.