Immer mehr Frauen zieht es auf die See. Seit einigen Jahren wachsen die Zahlen, doch trotzdem dominieren noch die Männer an Bord.

Bremen. Auf Schiffen geht es derb und ungehobelt zu. In den Pausen sehen die Seemänner stundenlang Pornofilme oder betrinken sich bis zur Besinnungslosigkeit. Sie fluchen, rülpsen und erzählen sich schmutzige Witze. Soweit die Vorurteile. An einigen sei jedoch etwas dran, erzählt Ulrike Kromka. "An Bord herrscht schon ein rauerer Umgangston." Die 27 Jahre alte Nautik-Studentin aus Bremen schreckt das aber nicht: Sobald sie ihren Abschluss in der Tasche hat, will sie zur See fahren - und damit ist sie längst nicht mehr allein.

"Frauen an Bord sind immer noch eine Minderheit, aber langsam wandelt sich das", erklärt Christine Keitsch, Vorsitzende des Berufsverbands "Frauen zur See". "Seit drei, vier Jahren wachsen die Zahlen kontinuierlich." Nach Angaben der See-Berufsgenossenschaft in Hamburg waren Ende 2007 auf den von ihr erfassten Schiffen 452 Frauen unterwegs, darunter fünf Kapitäninnen oder Schiffsführerinnen. Mit mehr als 15 100 dominierten jedoch die Männer an Bord eindeutig.

Eine aktuellere Statistik gibt es nicht, allerdings weist die Zahl der Nautik-Studentinnen auf die künftige Entwicklung hin: An der Bremer Hochschule sind etwa zwölf Prozent der rund 500 Studenten weiblich. An der Fachhochschule in Elsfleth (Kreis Wesermarsch) liegt der Frauenanteil unter den 400 Studenten sogar bei 20 Prozent. Das sei europaweit spitze, sagt Dekan Klaus-Jürgen Windeck. "Wir haben auf Berufsmessen bewusst Frauen angesprochen." Dennoch würden immer noch viele Seeleute einem alten Sprichworte zufolge glauben, dass Frauen an Bord Unglück bringen. "Frauen haben viel größere Widerstände zu überwinden. Sie müssen im Gegensatz zu Männern ihre Kompetenzen erst beweisen." Das kann Kromka bezeugen. Während ihres Studiums war die junge Frau mehr als ein Jahr auf See unterwegs. "Am Anfang wurde ich nicht für voll genommen", schildert sie. Nach zwei bis drei Wochen sei das aber vorbei gewesen. "Ich musste zeigen, dass ich was drauf habe." Vor allem, dass sie ein paar Tage im Maschinenraum gearbeitet habe, obwohl sie das von ihrer Ausbildung her gar nicht musste, habe die Männer beeindruckt. "Man braucht ein dickes Fell. Aber das hängt auch von der Besatzung ab." Doch nicht alle Frauen sammeln an Bord so gute Erfahrungen, wie eine Untersuchung der Soziologin Antje Eilers zeigt. Für ihre Magisterarbeit an der Uni Bremen befragte sie 21 Nautik-Studentinnen im Alter von 21 bis 36 Jahren. Viele gaben an, dass sie diskriminiert und ausgegrenzt wurden. "Manche haben sich als Sekretärin des Kapitäns gefühlt. Andere mussten die härtesten Schichten schieben oder bekamen Aufgaben zugeteilt, die nicht zu schaffen sind."

Ein Problem wird jedoch für seefahrende Frauen immer bleiben: die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. In Eilers' Studie gaben die Befragten dies auch als größte Hürde an. "Viele Nautikerinnen fahren deshalb nur kurz zur See und richten ihren Werdegang darauf aus, einen Job an Land zu bekommen."