Der 1300 Kilo-Bulle Leif rekelt sich auf seiner komfortablen Matratze aus Stroh und Sägespänen. Leif hat es bis ins Allerheiligste geschafft.

Woldegk. Im sogenannten Vererberstall der Woldegker Rinderzuchtfirma RMV rekelt sich der 1300 Kilo schwere Bulle auf seiner komfortablen Matratze aus Stroh und Sägespänen. Futter und Wasser sind nicht weit und ständig verfügbar. Falls es mal kalt werden sollte, sorgt ein Rotlicht für optimale Wärme.

In kaum einem anderen Tierstall Deutschlands genießt ein Rindvieh derart viel Komfort. Leif ist derzeit unumstrittener Bullenkönig in Mecklenburg-Vorpommern. Mit einer Einstufung von "Exzellent 91" und hohen Leistungszuchtwerten rangiere der zehnjährige Bulle auf Platz 68 in der Weltrangliste, sagt Sabine Krüger, Geschäftsführerin des Rinderzuchtverbands Mecklenburg-Vorpommern (RMV). Leifs Gene würden in vielen Ländern geschätzt. Seine mehr als 11 000 Töchter seien inzwischen zu leistungsfähigen Milchkühen herangewachsen, die wiederum Spitzenkälber zur Welt brachten.

Mit Leif sicherte sich die kleine Rinderbesamungsstation, die vor einigen Jahren als eine der weltweit ersten Einrichtungen ein Wellnessprogramm für Bullen startete, den Anschluss an die Weltspitze. Inzwischen setzen auch andere Zuchtbetriebe auf Wohlfühl-Einheiten mit UV-Bestrahlung und Massage. Dreimal pro Woche muss Leif ran. Aber auch beim Gang zum Absamraum ist ihm Erste-Klasse-Ambiente sicher. Dann legt ihm Tierpfleger Gerhard Dittmann eine Führungskette um den Nasenring und geleitet den für gewöhnlich recht umgänglichen Riesen von 1,82 Metern Schulterhöhe zur üblichen Prozedur am Phantom. Bis zu 1000 Spermaportionen mit jeweils 20 Millionen weltweit gefragter Spermien liefert Leif pro Samengang.

Gleich nach dem Akt darf sich der Bulle dann statusgemäß für eine Viertelstunde in der wohligen Wärme eines UV-Solariums entspannen. Nach einer Volldusche bekommt Leif sogar einen elektrischen Massagegürtel auf den muskulösen Rücken gelegt. Gern lässt er sich danach auch auf den "Spielplatz" ins Freie geleiten, wo er mal so richtig im Sand wühlen und sich an einem Kratzbaum schubbern kann, bevor er seine tägliche Kraftfutterration verdrückt. Insgesamt 329 Spitzenbullen der Milchrindrasse Holstein stehen derzeit in den Boxen des Gutes. Die meisten von ihnen müssten ihre Qualitäten erst noch in mehrjährigen Leistungstests bestätigen, sagt Tierärztin Claudia Wesenauer. Nur die Besten von ihnen schafften es zum "Vererber".

Die rund 1800 Kunden kommen aus aller Welt. Jährlich werden etwa eine halbe Million Portionen Bullensperma an Zuchtbetriebe zum Beispiel in Japan, Brasilien und Chile exportiert. Erst kürzlich habe eine der größten chinesischen Besamungsstationen bei Peking die begehrten Genreserven geordert, bestätigt Geschäftsführerin Sabine Krüger. Ihr Unternehmen schreibe mit seinen 85 Mitarbeitern schwarze Zahlen. "Doch Weltwirtschaftskrise und niedrige Milchpreise machen auch uns derzeit schwer zu schaffen", sagt sie. Der Export von Bullensperma sei bereits um ein Viertel eingebrochen.

Durch gezielte Zuchtauslese kommen die Experten in Woldegk immer wieder zu Spitzentieren mit neuen, noch besseren Eigenschaften. Sogar Star-Bulle Leif hat inzwischen Konkurrenz bekommen. In der Nachbarbox schnaubt sein Nachfolger namens Zar. Der Sechsjährige hat zwar erst 133 Töchter. Doch er rangiert schon in Deutschlands Top Ten.