Der Tag der Abrechnung im Kieler Landtag. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Kabinett entlässt auch die vier SPD-Staatssekretäre.

Kiel. Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein wird auf den27. September, den Tag der Bundestagswahl, vorgezogen. Das kündigte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) gestern in Kiel an. Den formalen Beschluss für den Wahltermin muss die Landesregierung bis zum Sonntag nächster Woche aber noch fassen.

Zuvor hatte der Landtag dem Regierungschef wunschgemäß das Vertrauen entzogen und damit den Weg zur vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode frei gemacht. Carstensen selbst enthielt sich bei der Vertrauensabstimmung.

Der Ministerpräsident und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner warfen sich beim Tag der Abrechnung im Landtag gegenseitig vor, die Große Koalition nach vier Jahren an die Wand gefahren zu haben. "Die Erfahrungen zeigen, dass ich nicht auf eine SPD vertrauen kann, die von Herrn Stegner geführt wird", sagte Carstensen. Die SPD habe den "ehrlichsten Weg" zu Neuwahlen verbaut, indem sie die Selbstauflösung des Landtags verhindert habe. Eine weitere Zusammenarbeit mit Stegner schloss er aus.

"Herr Ministerpräsident, Ihnen fehlt jede Legitimation und Moral", konterte Stegner. Die CDU habe mit der FDP den Koalitionsbruch eiskalt betrieben, weil sie in Meinungsumfragen derzeit vorn lägen.

37 Abgeordnete von SPD, FDP, Grüne und SSW sprachen dem Ministerpräsidenten das Misstrauen aus. 28 CDU-Abgeordnete enthielten sich in der namentlichen Abstimmung.

Nur Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) votierte für Carstensen. Begründung: Die Vertrauensfrage sei "unecht" und deshalb juristisch problematisch.

Auch der Hamburger Verfassungsrechtler Prof. Ulrich Karpen hält die Herbeiführung von Neuwahlen über eine bewusst verlorene Vertrauensabstimmung für nicht verfassungskonform. "Ich halte die Vertrauensfrage, die der Ministerpräsident gestellt hat, für fingiert", sagte Karpen dem Abendblatt.

Derweil geht der Kehraus in der Landesregierung weiter. Nachdem Carstensen bereits die vier SPD-Minister gefeuert hatte, versetzte das Rumpfkabinett gestern auch die vier SPD-Staatssekretäre in den einstweiligen Ruhestand. Hellmut Körner (Soziales), Eberhard Schmidt-Elsaeßer (Justiz), Ulrich Lorenz (Innen), und Wolfgang Meyer-Hesemann (Bildung) müssen ihre Büros bis heute Abend räumen.