Mitarbeiter hatte ein Trafoventil falsch eingestellt. Für den Betreiber Vattenfall ist das “alles andere als brisant“.

Kiel. Der Störfall im Atomkraftwerk Krümmel ist hausgemacht. Ein Mitarbeiter habe ein Trafoventil "fehlerhaft" eingestellt, teilte der Betreiber Vattenfall gestern mit. Der Reaktor war am Vortag vorübergehend vom Netz gegangen. Bis zur Klärung des Störfalls läuft der Meiler nur mit halber Leistung.

"Die Untersuchungen in Krümmel werden einige Tage dauern", sagte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) dem Abendblatt. Die Chefin der Atomaufsicht kündigte an, den Vorfall genau und umfassend aufzuklären. "Es gibt einige Widersprüche und offene Fragen." Für Vattenfall ist der Störfall dagegen weitgehend aufgearbeitet und "alles andere als brisant". Die "Störungen" seien nach bisheriger Bewertung nicht einmal meldepflichtig, sagte Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow. Krümmel sei sicher.

Der Störfall hatte am Mittwoch harmlos begonnen. Gegen 15.00 Uhr steigt der Öldruck in einem der beiden Transformatoren, die den Reaktor mit Strom versorgen. Da ein Mitarbeiter Stunden oder Wochen zuvor das Ventil für den Öl-Ausgleichsbehälter schloss, droht eine Überhitzung des Trafos. Er schaltet sich deshalb ab. Automatisch geht auch der Generator aus. Um 15.02 Uhr ist Krümmel vom Netz. Die Turbine läuft, so Vattenfall, weiter, wird per Hand ausgeschaltet.

Der Reaktor fährt herunter, produziert aber noch Dampf, braucht also weiter Speisewasser. Von den drei Pumpen laufen zwei problemlos. Die dritte Pumpe bockt, schaltet sich "auf Handbetrieb". Die Alarmmeldung läuft im Leitstand des Kraftwerks auf. Der Reaktorfahrer bedient die Pumpe. Im Reaktorkern steigt der Wasserstand um etwa 75 Zentimeter. Das ist in einer solchen Situation nach erster Einschätzung der Atomaufsicht "normal".

Um 15.10 Uhr alarmiert Vattenfall die Kieler Aufsichtsbehörde und schiebt laufend Informationen nach. Trauernicht ruft den Chef von Vattenfall Europe, Tuoma Hatakka, an, fordert einen "Sachstandsbericht". Um 19.10 Uhr geht Krümmel wieder ans Netz. Hatakka liefert den Pannenbericht wie gefordert bis Donnerstag, 9 Uhr. Von der Atomaufsicht angeheuerte Experten inspizieren den größten Siedewasserreaktor der Welt.

Rechtlich sind Trauernicht die Hände gebunden. Vattenfall darf Krümmel beim Ausfall eines Eigenbedarf-Trafos mit verminderter Leistung (laut Betriebshandbuch bis 65 Prozent) und nach einem Neustart des zweiten Trafos mit "Volllast" fahren. Eine Weisung, den Reaktor abzuschalten, sei an harte Bedingungen geknüpft, sagte Trauernicht. "Sie liegen bisher nicht vor."

Die SPD-Politikerin sprach sich zugleich dafür aus, den Atomkonsens zu überprüfen. "Wir müssen diskutieren, ob wir Laufzeiten von Reaktoren mit so vielen Mängeln wie Krümmel nicht auf andere Kraftwerke übertragen." Grüne, SSW und die Naturschutzverbände forderten erneut, den "Schrottreaktor" Krümmel sofort stillzulegen.