Schmal ist er in der U-Haft geworden, das Haar trägt er deutlich länger als früher. Reiner B., einst einer der meistgesuchten Verbrecher Deutschlands, ist kaum wiederzuerkennen.

Hamburg. Doch die neue Optik passt zu dem extrem selbstbewussten Auftreten des 39-Jährigen, zu seinem lässigen Gebaren. Ein flotter Schnack an die Adresse der Richter, ein Augenzwinkern zu den Mitangeklagten - der Hamburger gibt sich im Betrugsprozess vor dem Landgericht locker. Er ist ganz der Mann, der sich bei seiner spektakulären Flucht durch Deutschland auf seiner Homepage selbstsicher mit einer Krone auf dem Kopf zeigte, dazu die höhnische Aufforderung an die Polizei: "Catch me if you can" (Fangt mich, wenn ihr könnt).

Und ganz der Mann, von dem man sich vorstellen kann, dass er gekonnt betrügt. Geld ergaunert bei Banken, Hunderttausende Euro, mit unzähligen Identitäten und professionellem Auftreten. Deswegen muss sich Reiner B. seit gestern vor dem Landgericht verantworten. Gewerbsmäßiger schwerer Betrug als Mitglied einer Bande wirft die Staatsanwaltschaft dem Hamburger vor. Er war es laut Anklage, der mit gefälschten Ausweispapieren, falschen Gehaltsabrechnungen und einer rührenden Geschichte von einer Karriere als Psychologe, einer Scheidung und einem notwendigen finanziellen Neuanfang bei Banken unter anderem in Hamburg und Niedersachsen hohe Kredite erschlich.

Für diese Gespräche gecoacht hat ihn den Ermittlungen zufolge Timo F. - ein Mann, der als gelernter Bankkaufmann wusste, worauf es bei Gesprächen mit Kreditinstituten ankommt. Er steht ebenfalls wegen schweren Betruges vor Gericht. Der 37-Jährige soll zudem die rund 150 gefälschten Ausweise für Reiner B. beschafft haben. Timo F. gilt als eigentlicher Kopf der Bande und soll sich als "Primus inter Pares" bezeichnet haben. Ihm wird auch vorgeworfen, mit Reiner B. bei Hinterbliebenen von Verstorbenen Geld ergaunert zu haben. Mit diesen beiden vor Gericht stehen außerdem die 28 Jahre alte Renata S., der Beihilfe zum Betrug vorgeworfen wird, sowie der 40 Jahre alte Jens-Uwe H. Die Taten seien mit "Akribie geplant und durchgeführt worden", sagt der Staatsanwalt. Den Angeklagten drohen wegen des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in 33 Fällen bis zu zehn Jahren Haft.

Doch am ersten Verhandlungstag teilt die Kammervorsitzende mit, dass es Verständigungen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und den Angeklagten über mögliche Strafen gegeben habe. Demnach würde Timo F. nicht mehr als sieben Jahre und neun Monate Haft bekommen, wenn er ein umfassendes Geständnis ablegt, Reiner B. bekäme bei einem Geständnis höchstens fünf Jahre und neun Monate, Jens-Uwe H. dreieinhalb Jahre und Renata S. ein Jahr und zwei Monate. Ziel ist es, das Verfahren abzukürzen. Am Freitag werden die Aussagen der Angeklagten erwartet. Zumindest seine Einlassung werde "zügig" sein, kündigt Reiner B. an. In einer Prozesspause erzählt der 39-Jährige, er wolle "jetzt auch ein neues Leben anfangen".