Im maroden Atomlager Asse bei Wolfenbüttel sind möglicherweise in der Mitte der 60er-Jahre Tausende von radioaktiv verseuchten Tierkadavern eingelagert worden.

Hannover. Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, berichtete gestern auf einer Pressekonferenz in Hannover von entsprechenden "Hinweisen auf im großen Maßstab angelegte Tierversuche mit Kühen, Schweinen, Hunden und Katzen" für die Entwicklung von Krebstherapien. Die Regie soll dabei die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) gehabt haben, die inzwischen Helmholtz-Zentrum München heißt und bis Ende 2008 Betreiber des Atomendlagers Asse war. Nach einer Serie von Pannen von Helmholtz ist jetzt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter zuständig.

Was genau in der Asse an Atommüll lagert, das ist auch die zentrale Frage für den Untersuchungsausschuss, den der niedersächsische Landtag in der kommenden Woche einsetzen wird. Nur wenn klar ist, wie viel und wie stark strahlender Müll dort lagert, kann über eine Schließung des Bergwerks nach Atomrecht entschieden werden. Drei Optionen werden verfolgt: Verfüllung des Bergwerks mit Beton bei Beibehaltung der jetzigen Lagerung; Verlagerung des strahlenden Mülls von etwa 600 Meter Tiefe in neue Lagerstätten 300 Meter tiefer oder aber die Bergung aller rund 126 000 Fässer.

Grünen-Fraktionschef Wenzel rechnet damit, dass der Ausschuss mindestens ein Jahr tagen wird; das Umweltministerium in Hannover geht aufgrund der komplexen Fragestellungen sogar von mindestens zwei Jahren aus. Schließlich haben sich alle fünf Fraktionen im Landtag darauf verständigt, nicht nur die Zusammensetzung des Mülls aufzuklären, sondern auch die "politische, juristische und wissenschaftliche Verantwortung für die Vorgänge in der Schachtanlage" zu klären. Ausdrücklich will der Ausschuss wissen, ob bei der Entscheidung für das alte Salzbergwerk Asse "kritische Stimmen" überhört worden seien. Diese Fragen sind nicht nur wegen der politischen Verantwortung brisant, sondern auch für Haftungsfragen wichtig. Mehrere ehemalige Bergleute aus der Asse leiden an Krebserkrankungen, das Bundesamt für Strahlenschutz hat eine umfassende Untersuchung angeordnet.