Hotels an Nord- und Ostsee sind für den Sommer so gut wie ausgebucht. Ein Deutschland-Urlaub gilt inzwischen bei Vielen als “en vogue“.

Norderney/Amrum. Wenn Herbert Visser aus seinem Bürofenster blickt, huscht ein Lächeln über sein Gesicht. "Die Insel ist sehr gut besucht. Bis Ende April hatten wir schon fünf Prozent mehr Gäste als zu dieser Zeit im Vorjahr", sagt der Marketingleiter des Staatsbades Norderney. Und für die kommenden Monate seien die Aussichten ähnlich verheißungsvoll: "Wir haben sehr, sehr gute Vorbuchungszahlen." Wer noch ein Hotelzimmer oder eine Ferienwohnung für Juli oder August suche, könne nur noch hoffen, dass andere Gäste stornierten.

"Das Problem für Familien ist natürlich, dass sie an die Ferien gebunden sind", sagt der Tourismuschef. Für Norderney machten sich die öffentlichen Investitionen von 100 Millionen Euro in den vergangenen acht bis zehn Jahren bezahlt. "Auch die privaten Unternehmer haben nachgezogen und investiert", sagt Visser. Die Insel sei dadurch noch attraktiver geworden.

Ähnlich leer gefegt wie auf der ostfriesischen Insel, die bei nur 6000 Einwohnern etwa 25 000 Gästebetten hat, ist der Markt in den vielen anderen Küstenorten an Nord- und Ostsee und auf den Inseln. Wer jetzt noch ein Quartier für die Sommerferien sucht, hat keine Auswahl mehr. "Die großen Wohnungen sind so gut wie alle weg", bestätigt Simone Heß, Leiterin der Touristeninformation der ostfriesischen Insel Borkum, auf der es knapp 10 000 Gästebetten gibt. Jetzt sei Flexibilität gefragt.

"Die Sommerferien sind sehr gut vorgebucht", sagt Claudia Drögsler, Marketingleiterin des Ostsee-Holstein-Tourismus e. V., der die Ostseeküste von Travemünde bis zur dänischen Grenze sowie die Holsteinische Schweiz vermarktet. "Wir haben sonst die Tendenz zu kurzfristigen Buchungen, aber das hat sich in diesem Jahr gewandelt."

Diese Erfahrung hat auch ein Hamburger Vermarkter von Reiseanzeigen gemacht. Viele kleinere Betriebe beauftragen ihn sonst, Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften zu schalten. "Jetzt passiert so gut wie nichts mehr, weil alle schon früh gebucht haben", sagt er. "Die Vermieter kriegen derzeit ihre Betten auch ohne Anzeigen voll." Der Experte, der den Markt seit 20 Jahren beobachtet, sagt: "Wenn die Konjunktur gut läuft, wird der Urlaub früher geplant."

Ein weiterer Grund, dass viele Urlaub im eigenen Land machen, dürften die politischen Unruhen an beliebten Ferienzielen wie Ägypten oder Tunesien sein. Das großartige Frühlingswetter habe an dem Buchungsboom jedoch kaum einen Anteil, meinen die meisten Touristiker: "Es wurde schon lange vorher reserviert. Bei vielen Häusern war schon zu Weihnachten klar, dass sie im Sommer gut gebucht sind", sagt der Norderneyer Tourismuschef.

Wie Norderney haben auch viele andere Urlaubsorte an der Küste massiv investiert. In einigen Ostseebädern, wie in Scharbeutz und Grömitz, wurden die Promenaden umgebaut und moderner gestaltet - beispielsweise mit attraktiven "Ostsee-Lounges", in denen man auf bequemen Möbeln direkt am Meer seinen Kaffee oder seinen Cocktail trinkt. Die Idee der Marketing-Strategen: "Bacardi-Feeling am Ostseestrand". Deutschlandurlaub sei derzeit "en vogue", sagt Claudia Drögsler. Und sie macht jenen Mut, die noch dringend ein Urlaubsdomizil suchen: "Man bekommt noch in allen Orten etwas, aber eben nicht mehr in allen Kategorien."

In Nordfriesland blickt man ebenfalls sehr optimistisch in die Sommersaison. "Die Tendenz bei den Buchungen ist sehr gut", sagt Tanja Weinekötter, Marketingleiterin der Nordsee-Tourismus-Service GmbH. Das bestätigt auch die Amrum-Touristik: "Die Leute haben sich rechtzeitig um ein Quartier gekümmert. Die Stammgäste treffen meist sofort eine Absprache für das nächste Jahr", sagt Frank Timpe, Chef der Amrum-Touristik. Die etwa 10 000 Gästebetten der Insel in Nordfriesland stehen überwiegend in Ferienwohnungen, Hotels gibt es nur wenige. Timpe rät Urlaubern, die nicht auf die Ferien angewiesen sind, noch im Juni zu kommen oder erst nach den Ferien: "Auch jetzt im Mai kann man die Füße schon in die Nordsee halten."

Auf Pellworm sind die besten Quartiere schon weg. "Das ist hier krisenfest", sagt der Kurdirektor der Nordseeinsel Pellworm, Andreas Kobauer.