Die norddeutschen Landwirte klagen über die lange Trockenheit. Meteorologen machen allerdings wenig Hoffnung auf Niederschläge.

Hannover/Kiel. In den Ohren der norddeutschen Landwirte klingt die Bauernweisheit in diesen Tagen wie Hohn: "Mairegen auf die Saaten, dann regnet es Dukaten." Rüdiger Hartig vom Deutschen Wetterdienst in Hamburg hielt sich an das, was seine Computer berechnen, und machte den Bauern wenig Hoffnung, dass es endlich regnen wird: "Mit ergiebigen Niederschlägen, die den Bauern nützen, ist weiter nicht zu rechnen." Es war in Norddeutschland der zweittrockenste April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Nur der April 2009 war noch trockener.

Meteorologe Hartig rechnet nach den wenigen kalten Tagen zuletzt - sogar mit Schnee im Harz - mit wieder ansteigenden Temperaturen und zum Wochenende mit 23 bis 25 Grad. Temperaturen vier Grad über dem langjährigen Mittel, bis zu 300 Sonnenstunden und nur 20 Prozent des üblichen Niederschlags - der April 2011 war in Norddeutschland extrem. Professor Mojib Latif vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Uni Kiel aber warnte im Gespräch mit dem Abendblatt davor, die Wetterkapriolen zu überschätzen: "Das ist eine Laune der Natur, es wäre verfrüht zu sagen, dass dies etwas mit dem Klimawandel zu tun hat." Für den Meteorologen und Klimaforscher Latif handelt es sich um ein "Wetterregime", in diesem Fall um eine ausgeprägte Hochdruckwetterlage, die die Wolken im großen Bogen um Norddeutschland herum führt: "Das kann auch genauso gut umgekehrt passieren, dann jagt ein Tiefdruckgebiet das nächste."

Unabhängig aber von den Ursachen ist für ihn die ungewöhnlich stabile Hochdrucklage dieser Wochen genau das, worauf sich die Bauern auch langfristig einstellen müssen: "Alle Modelle zeigen, dass es im Laufe der Jahrzehnte im Sommerhalbjahr zwischen April und Oktober mehr Trockenheit geben wird", sagte Latif. Ausgeglichen werde dies zumindest teilweise durch stärkere Regenfälle im Winterhalbjahr.

Und mit einer weiteren Gefahr für ihre Ernten müssen die Landwirte nach seiner Einschätzung leben lernen: "Es wird insgesamt im Sommer weniger regnen, aber es wird dann mehr Starkregen geben." Latifs Fazit für die Bauern: "Es gibt großen Anpassungsbedarf, da sich das Wetter in beiden Richtungen extremer entwickelt."

Die Bauern in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern klagen bereits. Die Erträge würden mäßig ausfallen. "Bei der Rapsblüte wird es auf den Feldern sichtbare Lücken geben", sagte der Sprecher des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, Klaus Dahmke, dem Abendblatt. Viele Pflanzen hätten nur einen statt mehrerer Blütenstände ausgebildet: "Die Pflanzen brauchen gerade in der Wachstumsphase viel Wasser." In einigen Regionen wie etwa Ostholstein haben Bauern ihren Raps bereits aufgegeben. Die Landwirte hätten die Felder wegen der geringen Ernteaussicht umgebrochen und würden jetzt stattdessen Mais anbauen, sagte Dahmke.

Die Rapsblüte setzt zudem wegen des langen Winters später ein als in den Vorjahren. "Mitte Mai dürfte es so weit sein", so Dahmke. In Schleswig-Holstein, das mit seinen sattgelben Rapsfeldern wirbt, wird das Kreuzblütengewächs auf gut 110.000 Hektar und damit etwa zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut.

Unter der Trockenheit leidet auch die schleswig-holsteinische Landesgartenschau in Norderstedt. "Auf den Rasenflächen gibt es vereinzelt gelbe und braune Stellen", sagte Sprecherin Mirjam Brungs. Betroffen sei insbesondere der Rollrasen. Ansonsten gebe es auf dem etwa 50 Hektar großen Gelände keine Schäden. "Wir gießen fleißig." Der Wasserverbrauch gerade für die Blumenwiesen mit Tulpen und Stiefmütterchen sei etwa fünfmal so hoch wie kalkuliert. Gleichwohl überwiegt in Norderstedt die Freude über das gute Wetter. "Die Sonne lockt viele Besucher an." Im Strandbad der Gartenschau badeten die ersten Gäste. "Das sind aber die ganz Mutigen."

Auf den leichten niedersächsischen Böden rund um Hamburg laufen bereits die Beregnungsanlagen, das kostet die Bauern viel Geld vor allem für Energie.

Sorgen machen sich auch die Forstwirte. Die Waldbrandgefahr wächst, vor allem in der Lüneburger Heide. Bei den gegenwärtig niedrigen Temperaturen, erläuterte Stefan Fenner von den Landesforsten Niedersachsen, schwankt die Warnstufe noch zwischen der vier und der höchsten Stufe fünf.

Ostern hatte das Innenministerium in Hannover auch das Feuerwehrflugzeug zur Beobachtung der Wälder eingesetzt, derzeit müssen sich Polizei und Feuerwehr wieder auf das System mit 20 Kameras in der Landschaft verlassen, deren Bilder von morgens bis abends überwacht werden. Die Waldbrandgefahr ist nachts wegen der niedrigen Temperaturen vergleichsweise gering, sagte Fenner: "Richtig gefährlich wird es immer ab zehn Uhr, wenn der Tau weg ist."