Öko-Partei fragt Schleswig-Holsteiner im Internet nach dem richtigen Sparkurs

Kiel. Schleswig-Holsteins Grüne wollen den laufenden Bau der Autobahn 20 bei Bad Segeberg oder spätestens bei Bad Bramstedt stoppen und so Planungskosten von mehr als 40 Millionen Euro sparen. Diesen und weitere Sparvorschläge, wie etwa einen Nordstaat mit Hamburg, machte Grünen-Fraktionschef Robert Habeck am Montag zum Auftakt einer bundesweit einzigartigen Internetaktion. In den nächsten sechs Wochen können die Bürger über den künftigen Sparkurs in Schleswig-Holstein mitdiskutieren und mitentscheiden.

"Wir laden die Bürger dazu ein, sich an der Gestaltung der Zukunft des Landes zu beteiligen", sagte Habeck. Die Grünen wollten im Gegensatz zur schwarz-gelben Regierung, die ihr Sparpaket 2010 quasi im Hinterzimmer geschnürt habe, eine breite öffentliche Debatte darüber, wie Schleswig-Holstein die Schuldenbremse einhalten könne, also die Neuverschuldung bis 2020 auf null senkt. "Wir setzen auf einen Mitmachhaushalt."

Ein Jahr vor der Landtagswahl machte Habeck keinen Hehl daraus, dass er den Rotstift bei den großen Verkehrsprojekten ansetzen möchte. "Unser Ziel ist so wenig A 20 wie möglich." Im Idealfall soll die von Lübeck kommende Ostseeautobahn bereits bei Bad Segeberg (A 21) beendet werden, falls das nicht möglich ist, dann spätestens bei Bad Bramstedt (A 7). Der geplante Weiterbau nach Niedersachsen samt Elbquerung bei Glückstadt wäre damit hinfällig. Bei einem Stopp der schon eingeleiteten Planverfahren könnte das Land nach Regierungsangaben etwa 45 Millionen Euro Planungskosten sparen.

Auf der Streichliste steht nicht nur die A 20. Im Zuge der Mitmachaktion fragen die Grünen auch, ob die Bürger auf den sechsspurigen Ausbau der A 7, auf die Trassen zum geplanten Fehmarnbelttunnel und auf die "Ortsumgehung Hammoor im Zuge der L 89" verzichten wollen. Die Umgehung würde das Land 3,2 Millionen Euro kosten.

Erneut auf die Tagesordnung setzen die Grünen auch einige brisante Strukturfragen. Gleich zum Auftakt der Bürgerfragerunde will die Öko-Partei wissen, ob ein Nordstaat befürwortet wird. Habeck, der sich einen Zusammenschluss Schleswig-Holsteins und Hamburgs vorstellen kann, stellte zugleich klar, dass die Grünen die Ergebnisse der Umfrage nicht zwangsläufig eins zu eins übernehmen. Die Partei habe eigene Positionen. "Wir werden es aber schon sehr ernst nehmen, wie die Leute abstimmen werden."

Das gilt auch für weitere Streitthemen wie eine Kreisgebietsreform oder den Zusammenschluss von Dörfern zu Großgemeinden. Wissen wollen die Grünen zudem, was die Bürger von Sparideen wie dem Verkauf der Landesanteile an der AKN-Eisenbahn, der Einführung einer Küstenschutzabgabe oder einer moderaten Absenkung der Pensionen für Landesbeamte halten. In einem zweiten Komplex wird die Haltung zu Steuererhöhungen abgefragt, in einem dritten die zu Mehrausgaben etwa für die Bildung.

Die Bürger können bei der Internetaktion ( www.mitmachhaushalt.de ) zu jeder der 35 Fragen Zusatzinformationen abrufen, Kommentare abgeben und verfolgen, ob sie mit ihrer Meinung im Strom mitschwimmen oder dagegen. Um ein Votum abgeben zu dürfen, muss sich jeder Bürger mit einer E-Mail-Adresse registrieren. Das aufwendige Verfahren, das vom Datenschutzbeauftragten abgesegnet wurde, soll das Schummelrisiko begrenzen. Ohne Registrierung könnte ein Bürger immer wieder abstimmen und so das Ergebnis verfälschen, erläuterte Habeck.

Vorbild für diese Art der Bürgerbeteiligung sind einige Städte. Sie lassen ihre Bürger über die kommunalen Haushalte mitentscheiden. Die Premiere auf Landesebene endet am 10. Juni. Die Ergebnisse könnten den Grünen wichtigen Aufschluss über die politische Stimmung geben und damit erheblichen Einfluss auf das Wahlprogramm haben, das Ende des Jahres verabschiedet wird. Erst danach wollen die Grünen ihr Führungsteam aufstellen.

In der ersten Reihe dürfte Habeck stehen. Der promovierte Philosoph und kreative Kopf der Nord-Grünen gilt im Fall eines Kantersiegs wie in Baden-Württemberg als möglicher Ministerpräsident. Fragen dazu stellen die Grünen allerdings nicht.