Ahrensburg. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen einen Pastor im Ruhestand der evangelischen Kirchengemeinde Ahrensburg, der in den 80er-Jahren Kinder und Jugendliche missbraucht haben soll, melden sich weitere Betroffene bei der Stormarn-Redaktion des Abendblatts. Michael Gerber (Name geändert) hat nach eigenen Angaben als Elfjähriger erstmals Übergriffe des Pastors erlebt. "Ich habe die Erinnerung weggeschoben. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird bei mir alles schwarz", sagt der heute 45-Jährige, der seitdem mehrere Therapien gemacht hat. "Man spaltet das ab. Das ist ein Form des Überlebens."

"Der Pastor war ein sehr charismatischer Mann"

Konrad Albers (Name geändert) lebte in den 80er-Jahren im Haushalt des Geistlichen. Bei ihm habe der Pastor mehrmals versucht, sich unsittlich zu nähern, sagt der heute 39-Jährige. Er, damals 14 Jahre alt, habe sich aber gewehrt. "Der Pastor war ein sehr charismatischer Mann, er konnte sehr nett sein", sagt Christian Behrens (Name geändert). Von 1980 an sei er drei Jahre lang von dem Geistlichen bedrängt worden. "Er hat in der Jugendgruppe mit seiner Potenz angegeben. Das war komplett durchsexualisiert."

Beim Ahrensburger Pastor Helgo Matthias Haak stand gestern das Telefon nicht mehr still. "Die Dimensionen der Vorfälle öffnen sich nach unten", sagte der Vorsitzende des Kirchenvorstands zu dem Abgrund, der sich da auftat. Eine Frau, die angab, ebenfalls Opfer gewesen zu sein, hätte laut Haak vor allem die Frage bewegt: "Warum hat all die Jahre niemand zugehört?"

Auch nach der Pensionierung führte er noch Trauungen durch

Pastor Haak und seine Kollegen haben bereits beschlossen, dass der beschuldigte Kollege im Ruhestand nie wieder eine Amtshandlung in der Ahrensburger Gemeinde vornehmen darf. Auch nach seiner vorzeitigen Pensionierung 2001 führte der noch Trauungen und Beerdigungen in der Schlossstadt durch. Die Nordelbische Kirche bestätigte gestern, dass ihm die Rechte aus den Ordinarien nie aberkannt wurden. Sollte allerdings das Verfahren die Schuld des Ruhestandspastors beweisen, könne das laut dem stellvertretenden Pressesprecher Thomas Kärst am Ende bedeuten, dass der Pastor seinen Talar für immer ablegen müsse.

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