“Das Land kann nicht dauerhaft über seine Verhältnisse leben.“ Eltern müssen für das dritte Jahr Beiträge zahlen

Kiel. Das beitragsfreie dritte Kita-Jahr in Schleswig-Holstein wird nach nur einem Jahr wieder abgeschafft. Das kündigte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) gestern an. Zahlen sollen die Eltern dem Vernehmen nach ab 1. August.

Die bittere Botschaft für die Kitas überbrachte Carstensen persönlich. Auf einer Demo mit 800 Kindern, Eltern und Erziehern vor dem Landeshaus versuchte er, die Streichung des Gratis-Jahres zu erklären. "Das Land kann nicht dauerhaft über seine Verhältnisse leben." Carstensen erntete Pfiffe, obwohl er den Kitas auch neue wie teure Versprechen machte.

Das Land will von den etwa 35 Millionen Euro, die es jährlich durch den Verzicht auf Gratis-Kita spart, zehn Millionen abzweigen und damit den Zuschuss für die Tagesstätten auf 70 Millionen Euro jährlich erhöhen. Im Schnitt erhält jede der 1600 Einrichtungen im Land damit gut 6000 Euro im Jahr zusätzlich. Wichtiger ist ein weiteres Zugeständnis von Carstensen. Das Land will die Kita-Standards, anders als von Städten und Gemeinden gefordert, nicht aufweichen, also keine größeren Kita-Gruppen erlauben.

Die Landeselternvertretung der Kita-Kinder kündigte gleichwohl weitere Proteste an. "Unter dem Strich bleibt eine Kürzung", sagte der Vorsitzende Andreas Henschel. Im Elternbereich werde bereits über eine Volksinitiative diskutiert. Sie könnte zu einem Volksentscheid über Gratis-Kitas führen. Unterstützung kam von SPD, Grünen, SSW und Linkspartei. Sie wollen das dritte Kita-Jahr gebührenfrei halten und schrittweise auch die ersten beiden Jahre kostenlos anbieten. In der Kita-Debatte kam es fast zum Eklat. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner erinnerte die CDU in einem Zwischenruf daran, dass sie das Gratis-Jahr vor der Landtagswahl eingeführt habe und danach wieder streiche. Carstensen keifte zurück, wollte von der Regierungsbank aufspringen und musste von Sozialminister Heiner Garg (FDP) zurückgehalten werden.

Im Landtag wurde auch der Rahmen für weitere Einschnitte abgesteckt. CDU, SPD, FDP, Grüne und SSW bauten eine Schuldenbremse in die Landesverfassung ein. Schleswig-Holstein ist damit das erste Land, das sich zu einem radikalen Sparkurs verpflichtet.

Nur die Linkspartei stimmte gegen die Aufnahme der Schuldenbremse in die Verfassung. Die Regelung verpflichtet das Land, sein strukturelles Defizit von 1,25 Milliarden Euro bis 2020 abzubauen. CDU und FDP feierten den Beschluss als historisch, zumal SPD, Grüne und SSW nun mit im Boot sitzen. Die drei Oppositionsfraktionen stellten klar, dass sie CDU und FDP keinen Freibrief für Sparaktionen ausgestellt hätten. Die Kita-Kürzung ist nur der Anfang. Am Mittwoch will Carstensen die längste Sparliste in der Landesgeschichte vorlegen.