Bremen. Weil ihm der Lebenswandel seiner Schwester nicht gefallen hat, soll ein junger Mann zum Messer gegriffen haben. Die Familie kann die Tat nicht fassen - und bekommt auch vor Gericht keine Antwort.

Im Prozess um einen Mord vermeintlich aus Ehre hat der Angeklagte vor dem Landgericht Bremen weiter keine Angaben gemacht. Der 24-Jährige werde sich beim nächsten Prozesstag Ende Mai äußern, kündigte sein Verteidiger am Dienstag an. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Somalier vor, seine Schwester getötet zu haben, um vermeintlich seine Ehre wiederherzustellen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft suchte der Angeklagte die 23-Jährige an dem Abend ihres Geburtstages Anfang Dezember in ihrer Wohnung in Bremen auf. Dort soll er mehrfach mit einem Küchenmesser auf ihren Oberkörper eingestochen haben. Sie wurde unter anderem an der Lunge und am Herzen verletzt und starb noch am Tatort. Der Angeklagte rief nach der Tat selbst die Polizei und ließ sich widerstandslos festnehmen.

Die Familie habe sich Sorgen um den Lebenswandel der 23-Jährigen gemacht, bestätigte eine weitere Schwester am zweiten Prozesstag. Die junge Frau sei mehrfach mit anderen Männern in der Stadt gesehen worden, obwohl sie verlobt gewesen sei. Wenige Stunden vor der Tat habe sie ihrem Bruder davon am Telefon erzählt. Doch mit seiner Reaktion habe sie nicht gerechnet, versicherte die 29-Jährige. „Eigentlich ist er nie so mit uns umgegangen. Ich weiß nicht, was an dem Tag mit ihm los war.“

Ihr Bruder habe psychische Probleme, trinke Alkohol und rauche jeden Tag Haschisch, sagte die Zeugin. Der Druck auf ihn sei groß, weil er als einziger Mann für die ganze Familie verantwortlich sei. „Er sagte: Wahrt eure Ehre“, übersetzte eine Dolmetscherin ihre Aussage. Dennoch habe niemand in der Familie gedacht, dass er einer der Schwestern etwas antun könnte.

Während der Tat sei sie mit ihrem Verlobten in einem Nebenzimmer gewesen, berichtete die 29-Jährige weiter. Sie habe einen Schrei ihrer Schwester gehört, sich aber erst einmal nichts dabei gedacht. „Ich bereue es sehr, dass ich nicht versucht habe, ihre Tür aufzumachen“, übersetzte die Dolmetscherin. „Ich wünsche niemanden, in diese Situation zu geraten.“ Ein Urteil könnte Ende Mai fallen.