Hannover (dpa/lni). Seit zwei Jahren prüfen Niedersachsens Verfassungsschützer den Verdacht extremistischer Bestrebungen im AfD-Landesverband. Innenministerin Behrens sieht in der Partei eine Gefahr für die Demokratie.

Die AfD in Niedersachsen ist für den Verfassungsschutz des Landes weiter ein rechtsextremistischer Verdachtsfall. Diese seit Mai 2022 geltende Einstufung wurde am Dienstag um zwei Jahre verlängert, wie der Verfassungsschutz in Hannover mitteilte.

Nach der bislang zweijährigen Beobachtungsphase bestünden weiterhin Anhaltspunkte für den Verdacht, dass es sich beim AfD-Landesverband „um eine Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung handelt“, sagte der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril. Die Verdachtsphase ist auf zwei Jahre begrenzt, kann aber einmalig um höchstens zwei Jahre verlängert werden.

Der Verfassungsschutz erklärte, die AfD in Niedersachsen habe Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen, überwiegend im Spektrum der sogenannten Neuen Rechten. „Öffentlich treten die AfD Niedersachsen und ihr Landesvorstand zwar gemäßigt auf, eine Distanzierung gegenüber den extremistischen Kräften innerhalb der Gesamtpartei findet jedoch nicht statt“, sagte Pejril.

Extremistische Akteure würden mitgetragen, weiterverbreitet und teils aktiv angesprochen. Das zeige etwa eine Einladung des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke zum Neujahrsempfang der AfD Northeim. Zahlreiche Aussagen von niedersächsischen Funktionären, Repräsentanten und Kreisverbänden offenbarten zudem eine tief verankerte Fremdenfeindlichkeit, die eng an ein ethnisch-kulturelles Volksverständnis anknüpfe.

Die Partei wies den Verdacht des Extremismus zurück und unterstellte den Regierungsparteien eine Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes. „Seit zwei Jahren müht sich der niedersächsische Verfassungsschutz, unserer AfD vermeintlich Rechtsextremistisches nachzuweisen. Finden tut er außer haltlosen Verdächtigungen nichts“, sagte der Landesvorsitzende Ansgar Schledde. „Wer bislang noch nicht gemerkt hat, dass der Verfassungsschutz von den Regierungsparteien missbraucht wird, um der Opposition zu schaden, wird spätestens jetzt zu dieser Erkenntnis gelangen“, sagte er.

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens bezeichnete die Beobachtung der AfD dagegen als absolut notwendig. „Die AfD ist eine Gefahr für unsere Demokratie, für die Vielfalt in unserem Land und für das gesellschaftliche Miteinander“, sagte die SPD-Politikerin. „Immer deutlicher wird erkennbar, dass ihre Mitglieder auch in Niedersachsen an einer Spaltung der Gesellschaft arbeiten, gezielt Ressentiments schüren und aus der so erzeugten Verunsicherung und Ausgrenzung politisches Kapital schlagen wollen.“

Die Einstufung als Verdachtsfall ermöglicht es dem Verfassungsschutz, die AfD Niedersachsen zwei weitere Jahre zu beobachten. Danach soll abschließend bewertet werden, ob die Voraussetzungen für eine Einstufung als gesichert rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt gegeben sind.

Auch auf Bundesebene wird die AfD vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet, wogegen sich die AfD juristisch wehrt. Die AfD-Landesverbände Thüringen (seit März 2021), Sachsen (seit Dezember 2023) und Sachsen-Anhalt (seit November 2023) werden von den dortigen Verfassungsschutzämtern bereits als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Das heißt, die Behörden dort haben nicht mehr nur den Verdacht, sondern gehen davon aus, dass diese Landesverbände verfassungsfeindliche Ziele verfolgen und haben sie entsprechend im Blick.

Bei der niedersächsischen AfD gab es erst vor Kurzem einen Führungswechsel. Der Bundestagsabgeordnete Frank Rinck, der den Landesverband professionalisieren und nach internen Streitigkeiten vereinen sollte, trat im April nicht erneut als Landesvorsitzender an. Stattdessen wurde Rincks bisheriger Vize Schledde in das Amt gewählt.

Wenige Tage vor Schleddes Wahl war unter anderem die Parteizentrale der AfD Niedersachsen in Hannover durchsucht worden, weil ein AfD-Landtagsabgeordneter möglicherweise mit Parteispenden auf einem privaten Konto gegen das Parteiengesetz verstoßen hatte. Laut Rinck werden die Vorwürfe gegen Schledde erhoben. Schledde selbst erklärte, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hannover vom Dienstag dauert die Auswertung der Unterlagen und eines Datenträgers in dem Verfahren noch an.