Hannover (dpa/lni). Mehr als 100 Millionen Euro Steuergelder wurden nach Ansicht des Steuerzahlerbundes in Bremen und Niedersachsen verschwendet. Einige Millionen könnten aber noch gerettet werden.

Der Bund der Steuerzahler hat einige Vorhaben in Niedersachsen und Bremen kritisiert und sieht darin Steuergeld in Millionenhöhe verschwendet. Dabei geht es etwa um eine Fahrradbrücke, die Vergrößerung des Landtagspräsidiums sowie den Nachbau eines Segelschiffs, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Schwarzbuch hervorgeht.

Der Verein bezifferte die Verschwendung in den beiden Bundesländern mit etwa 110 Millionen Euro. Davon könnten aber noch 45 Millionen Euro gerettet werden, da sie erst drohten, verschwendet zu werden, wie Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler (BdSt) sagte.

Niedersachsen und Bremen stehen mit elf Fällen im diesjährigen Schwarzbuch. Im Schwarzbuch listet der Verein jährlich Fälle auf, in denen seiner Auffassung nach öffentliche Mittel verschwendet wurden. Ziel des Vereins ist nach eigenen Angaben, Steuern und Abgaben zu senken und die Verschwendung von Steuereinnahmen zu stoppen.

Zusätzliche Fahrradbrücke in Celle

Unter anderem kritisierte der Verein den geplanten Bau einer Fahrradbrücke in Celle. Im Zusammenhang mit dem Bau der Ortsumgehungsstraße B3 werden die bestehenden Radwege zwischen der Celler Kernstadt und den Außenbereichen durchtrennt. Nun soll in unmittelbarer Nähe zu bereits zwei errichteten Brücken eine dritte Brücke über der Umgehungsstraße entstehen, um die Verbindung für die Radfahrer zu erhalten. Die drei Brücken würden auf einer Strecke von 600 Metern beieinander liegen und nur wenige Minuten Zeitersparnis bringen. Für den Bau der zusätzlichen Fahrradbrücke drohen laut Steuerzahlerbund weitere 1,7 Millionen Euro verschwendet zu werden. Der Verein forderte das Ende des Bauvorhabens.

Stadt weist Kritik zurück

„Jede Brücke auf diesem Abschnitt ist eine sinnvolle Einrichtung“, teilte die Celler Stadtbaurätin Elena Kuhls zu dem geplanten Vorhaben mit. Ein Brückenbauwerk an dieser Stelle sei die einzige Möglichkeit, die vorhandene Verkehrsqualität für Fahrradfahrende zu erhalten.

Vergrößerung des Landtagspräsidiums

Auch die Aufstockung des Präsidiums des niedersächsischen Landtags kritisierte der Steuerzahlerbund. Das Parlament entschied im Herbst 2022 mehrheitlich, das Landtagspräsidium von vier auf fünf Vizepräsidenten aufzustocken. Die Kosten für eine fünfjährige Legislaturperiode belaufen sich demnach je Vizepräsident auf rund 180.000 Euro. Den Vorschlag, die Aufstockung durch eine Absenkung der Vize-Vergütung zumindest kostenneutral zu bewerkstelligen, lehnte die Politik ab, wie der Steuerzahlerbund mitteilte. In einem entsprechenden Antrag von SPD, CDU und Grünen hieß es damals unter anderem zur Begründung, dass die Vizepräsidenten im Bundesland mehr für die Demokratie werben sollen.

Nachbau von Segelschiff

Als weiteres Exemplar für drohende Steuerverschwendung führte der Verein den geplanten Nachbau eines historischen Stahl-Segelschiffes in Bremerhaven auf. Für den Nachbau der „Najade“ stellte der Bund 46 Millionen Euro zur Verfügung. Der Verein sehe keinen sachlichen Grund dafür, dieses Schiff zu einem „Denkmal von nationaler Bedeutung“ zu stilisieren, um eine Förderung des Bundes möglicherweise zu rechtfertigen. Der Steuerzahlerbund forderte, den Nachbau des Schiffes abzubrechen, um die Mittel vor möglicher Verschwendung zu retten.

Zahlungen an abberufenden Gemeinderat

Der Verein kritisierte außerdem die Abberufung des Ersten Gemeinderats des Flecken Bovenden im Landkreis Göttingen im Jahr 2022. Nach nur knapp 16 Monaten berief der Rat den auf acht Jahre gewählten Vertreter des Bürgermeisters im April 2023 wieder ab. Zuvor fehlte der Erste Gemeinderat mehrere Monate wegen Dienstunfähigkeit. Für den Versorgungsaufwand müsse die Ortschaft nun im ungünstigsten Fall bis Ende 2029 trotzdem mit etwa einer halben Million Euro rechnen. Anhaltspunkte, die zu einer Abberufung nach kurzer Zeit führten, seien im Vorfeld für den Flecken Bovenden nicht erkennbar gewesen, teilte der Bürgermeister Thomas Brandes (SPD) mit.

Auch die Nutzung von Mitteln für den sogenannten „Wolfskrankenwagen“ der Region Hannover kritisierte der Verein. 11.000 Euro hatte die Region Hannover für einen umgerüsteten Anhänger für die Versorgung und den Weitertransport von angefahrenen Wölfen bereitgestellt. Ein verletzter Wolf sollte damit aber nie transportiert werden. Seit 2022 kommt der Anhänger deshalb bei der Tierkadaverentsorgung zum Einsatz, wie die Region Hannover mitteilte.

Kritik an Einladungsschreiben per Post

Zu sogenannten Bürgerversammlungen lud die Bremer Senatskanzlei vor der Landtagswahl Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu Gesprächen mit dem Bürgermeister ein. Der Steuerzahlerbund prangerte die Übermittlung der Einladungen auf postalischem Weg an. Die Kosten für die Briefe summierten sich demnach auf 85.000 Euro. „Ziel war es, allen Bremerinnen und Bremern die Teilnahme an den Bürgerversammlungen zu ermöglichen,“ teilte Senatspressesprecher Christian Dohle mit.