Hannover (dpa/lni). Gegen die Wolfspolitik von Umweltminister Olaf Lies (SPD) zogen Grünen-Abgeordnete sogar vor Gericht. Da verwundert der Kurswechsel des neuen Amtsinhabers Meyer nicht. Kritik kommt von der Region Hannover, wo ein Wolf das Pony von Ursula von der Leyen riss.

Der neue niedersächsische Umweltminister Christian Meyer (Grüne) hat einen Kurswechsel bei Abschussgenehmigungen für problematische Wölfe angekündigt. In Zukunft sollen artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen zur rechtmäßigen Entnahme von sogenannten Problemwölfen eine Woche vor ihrem Erlass öffentlich einsehbar sein, teilte das Umweltministerium am Freitag in Hannover mit. Zum Schutz der Betroffenen geschehe dies in anonymisierter Form.

Meyers Vorgänger im Umweltministerium, Olaf Lies (SPD), hatte lange Detail-Auskünfte zu den Abschussgenehmigungen mit der Begründung verweigert, dass die Beteiligten wie Jäger sowie betroffene Tierhalter geschützt werden müssten. Es gebe Drohungen von „militanten“ Tierrechtlern, hieß es.

Der Wolf steht unter strengem Naturschutz, nur in Ausnahmen dürfen einzelne Tiere von den Behörden zum Abschuss freigegeben werden, etwa wenn sie mehrfach Rinder trotz wolfsabweisender Zäune gerissen haben.

Wie Freitag bekannt wurde, gibt es auch in der Region Hannover eine Abschussgenehmigung für einen Wolf, der für die Risse zahlreicher Nutztiere verantwortlich ist. Betroffen seien 13 Tiere, darunter vor allem Schafe, aber auch Rinder und ein Pferd, sagte eine Behördensprecherin am Freitag der dpa. Zuvor hatte die Tageszeitung „taz“ berichtet, dass die Abschussgenehmigung seit Oktober bis zum 31. Januar 2023 für den Rüden mit der Kennung GW950m gelte.

Dieser Wolf aus dem Rudel Burgdorf hatte Anfang September auf einer Koppel nahe Hannover ein 30 Jahre altes Pony gerissen. Es gehörte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die nach dem Angriff mitteilen ließ, dass die ganze Familie „fürchterlich mitgenommen“ sei. Der Riss konnte dem Rüden durch eine genetische Untersuchung zugeordnet werden. In einem Brief an Abgeordnete des Europaparlaments kündigte von der Leyen vor kurzem an, dass die EU-Kommission den aktuellen Schutzstatus des Wolfes prüfen wolle.

Über die aktuellen und früheren Abschussgenehmigungen informiert das niedersächsische Umweltministerium im Internet. In dieser Liste ist der Wolf aus der Region Hannover aber noch nicht enthalten. Regionspräsident Steffen Krach (SPD) kritisierte am Freitag die Anordnung des Umweltministeriums, wonach die Ausnahmegenehmigungen künftig vorab veröffentlicht werden müssen. „Dieser Erlass trägt zur Eskalation bei“, sagte Krach. Die Region sieht zudem im „Verfahren der Einzelgenehmigungen kein funktionsfähiges Instrument zur Regulierung der Wolfsbestände“ mehr. Die Initiative des EU-Parlaments, zu einer Neubewertung der EU-Wolfsstrategie zu kommen, sei deshalb der richtige Ansatz.

Niedersachsens Umweltminister Meyer sagte zu der frühzeitigen Veröffentlichung der Abschussgenehmigungen: „Mit dieser Maßnahme kommen wir den Wünschen der EU-Kommission und dem Bund nach, sorgen für mehr Transparenz und schaffen eine wichtige Grundlage für einen neuen und vertrauensvollen Dialog zum Wolfsmanagement.“ Es gehe darum, die Bedürfnisse der Weidetierhaltung und das Artenschutzinteresse in bestmöglichen Einklang zu bringen. Grünen-Abgeordnete hatten Anfang 2022 - damals noch in der Opposition - vor dem Staatsgerichtshof Bückeburg erstritten, dass das Umweltministerium mehr Details zu geplanten Wolfs-Abschüssen veröffentlichen muss.

„Bisher war unklar, welche Wölfe mit welcher Begründung zum Abschuss freigegeben worden sind, und es konnte keine unabhängige Prüfung der Fälle erfolgen, was Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit schürte“, sagte Nabu-Landeschef Holger Buschmann. Er begrüßte den neuen Erlass. Auch die geplante Einbeziehung der Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) sei ein notwendiger und begrüßenswerter Schritt.

Der AfD-Agrarpolitiker Alfred Dannenberg sprach sich derweil für eine Bejagung des Wolfs aus. „Wölfe, die Nutztiere angreifen, sind zu entnehmen“, sagte der Landtagsabgeordnete. Um sich dabei von Einzelfallnachweisen zu lösen, solle auch die Tötung ganzer Rudel ermöglicht werden. Dannenberg plädierte dafür, Tierhalter „ohne Wenn und Aber“ zu entschädigen, wenn der Wolf als Verursacher eines Risses nicht ausgeschlossen werden könne. Mit Blick auf die Kosten für Schutzmaßnahmen vor dem Wolf sprach er von „Steuerverschwendung“.