Schwerin (dpa/mv). Ungereimtheiten bei den NSU-Ermittlungen, stockende Weitergabe von Informationen an Behörden anderer Bundesländer. Der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns musste sich viel Kritik anhören. Nun läuft eine Generalüberholung - mit externer Hilfe.

Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns setzt ihre Bemühungen zur Neuformierung des in die Kritik geratenen Landes-Verfassungsschutzes fort. Innenminister Christian Pegel (SPD) berief am Dienstag den früheren Polizeibeamten und ehemaligen niedersächsischen Behördenchef Bernhard Witthaut zum Sonderbeauftragten für den Verfassungsschutz im Nordosten.

SPD und Linke hatte sich als Reaktion auf offenkundige Mängel in Führung und Arbeit der Behörde in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einsetzung eines Sonderbeauftragten verständigt. Dieser soll helfen, Handlungsempfehlungen einer vor knapp drei Jahren eingesetzten Expertenkommission zu verwirklichen. Laut Pegel hatte sie insgesamt 52 Änderungsvorschläge gemacht.

„Diese Empfehlungen wurden und werden von der Abteilung Verfassungsschutz bereits umgesetzt. Die Aufgabe des Sonderbeauftragten ist es, nun eine Bestandsanalyse zum Umsetzungsstand und der Wirksamkeit dieser Empfehlungen durchzuführen“, erklärte Pegel am Abend in Schwerin. Dabei liege ein Schwerpunkt auf dem notwendigen Ausbau der parlamentarischen Kontrollrechte und der Transparenz.

Ziel sei es, in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten des Verfassungsschutzes die Arbeit der Behörde zu optimieren. Dazu werde eine Projektgruppe gebildet, sagte Pegel, der zuvor die zuständigen Landtagsabgeordneten über die Personalie informiert hatte.

Spätestens seit Bekanntwerden der Ermittlungspannen bei der Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) war auch der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns massiv in die Kritik geraten. Später kam der Vorwurf auf, die Behörde könnte Informationen zum Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 nicht rechtzeitig weitergegeben haben. In der Folge war die Leitung des Verfassungsschutzes ausgetauscht und eine grundlegende Überprüfung der Abläufe durch externe Fachleute angeordnet worden.

Mit der Einsetzung Witthauts als Sonderbeauftragter folgt nun der nächste Schritt. Der 67-Jährige war bis Ende Oktober Präsident des Verfassungsschutzes in Niedersachsen und zuvor auch einige Jahre Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Laut Pegel wird Witthaut voraussichtlich von Januar bis Ende September 2023 die Aufgabe als Sonderbeauftragter ausüben. Mit ihm sei ein kompetenter Fachmann für diese Aufgabe gewonnen worden.

Er sehe seine Aufgabe darin, den Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit den dort Beschäftigten weiterzuentwickeln. Dabei sollten die Ergebnisse aus den NSU-Berichten der Parlamente, die Empfehlungen der Expertenkommission und auch das Fachwissen der Mitarbeiter einfließen. Es gelte, noch einiges aufzuarbeiten. „Der Verfassungsschutz muss außerdem transparenter werden. Das erfordert ein Umdenken und eine Überprüfung bisheriger Richtlinien“, sagte Witthaut. Laut Pegel erhält der pensionierte Beamte für seine Arbeit eine Aufwandsentschädigung.