Wilhelmshaven . Vor einem prominenten Politikerbesuch besetzen Klimaaktivisten die Baustelle für das geplante Gas-Importterminal in Wilhelmshaven. Die Behörden waren vorbereitet - allerdings an einem anderen Ort.

Mehrere Hundert Klimaaktivisten haben in Wilhelmshaven gegen das geplante Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) protestiert. Die Gruppierung «Ende Gelände» teilte mit, man habe die Baustelle am Freitagmorgen besetzt. Dabei handele sich um eine Aktion des zivilen Ungehorsams «gegen den geplanten Ausbau fossiler Gasinfrastruktur». Die Aktivisten saßen auf Baufahrzeugen und Baumaterial, besetzten einen Kran und zeigten Transparente mit Slogans wie «Sauberes Gas ist eine Lüge». Viele von ihnen trugen einen weißen Schutzanzug und eine grüne Maske. Am späten Nachmittag zogen laut Polizei die Aktivisten friedlich zum Bahnhof und reisten ab.

Zu dem Protest kam es kurz vor einem länger geplanten Besuch der Baustelle von Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil, Umweltminister Olaf Lies (beide SPD) und dem Vorstandschef des Energieunternehmens und Terminalbetreibers Uniper, Klaus-Dieter Maubach. Der Abfahrtsort ihrer Reise mit einem Boot zu dem Anleger wurde wegen der Proteste verschoben. Zu einem direkten Aufeinandertreffen mit den Klimaaktivisten kam es nicht.

Weil zeigte Verständnis für die Demonstranten, betonte zugleich aber die Bedeutung des Vorhabens für die Energiesicherheit in Deutschland. «Ich habe wirklich Respekt vor jedem, der sich für Umwelt- und Naturschutzbelange einsetzt. Ich bitte nur alle diejenigen, die derzeit protestieren, mit zu bedenken, um was es hier geht», sagte Weil. «Das ist kein beliebiges Projekt. Da geht es um sehr viel für unsere ganze Gesellschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.» Angesichts einer drohenden Energieknappheit müsse verhindert werden, dass Menschen im Winter in kalten Wohnungen sitzen und Produktionen stillgelegt werden könnten.

Die Polizei sprach von 200 bis 300 Teilnehmern an zwei Standorten: dem Hafen Jade-Weser-Port sowie Hooksiel, wo eine Pipeline zur Anbindung an das Gas-Fernleitungsnetz entstehen soll. Die Demonstration sei nicht angemeldet gewesen. «Ende Gelände» sprach von bis zu 400 Teilnehmern. «Das Land Niedersachsen baut zusammen mit Uniper das Flüssiggasterminal in Wilhelmshaven. Hier wird deutlich, wie eng Politik und Konzerne verflochten sind», sagte Aktivistin Luka Scott von «Ende Gelände». «Profitinteressen stehen dabei immer an oberster Stelle. Doch wir sind schon da und zeigen: Mit uns wird es kein fossiles Rollback geben.» Die Gruppierung werde sich entschieden dagegen stemmen und den Bau von LNG-Terminals verhindern.

Laut Polizei wurden bis zum Nachmittag drei Sachbeschädigungen erfasst, dabei handele es sich um leichte Beschädigungen an Baufahrzeugen. Ansonsten verlaufe der Protest «relativ ruhig und friedlich». Nach Kenntnis der Polizei seien am Freitag keine Arbeiten an der Baustelle geplant gewesen. Eine Räumung sei zunächst nicht angedacht, sagte ein Polizeisprecher. Wie viele Polizisten im Einsatz waren, sagte er nicht. Aktivistin Scott bezeichnete die Lage als «ruhig und entspannt».

Das niedersächsische Innenministerium teilte mit, bei den Aktivisten handele es sich um Teilnehmer eines Klimaprotestcamps in Hamburg aus dem linken Spektrum, die sich am Morgen mit mehreren Bussen auf den Weg gemacht hätten. Ursprünglich sei eine Demonstration in Stade angemeldet gewesen, wo ebenfalls ein LNG-Terminal entstehen soll, die Busse hätten dann aber das Ziel Wilhelmshaven eingeschlagen. Die Polizei sei dennoch mit ausreichend Kräften im Einsatz.

Ministerpräsident Weil zeigte sich optimistisch, dass der Anleger, der bereits für den Import von Flüssigerdgas (LNG) ertüchtigt wird, rechtzeitig bis Jahresende fertig sein werde. «Wir werden sicherlich, was die Behörden angeht, weiter mit Hochdruck arbeiten», sagte Weil. Bis jetzt gebe es kein gerichtliches Verfahren, das den Zeitplan störe.

Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven soll noch in diesem Winter den Betrieb aufnehmen. Geplant ist, über eine ebenfalls noch zu bauende Pipeline ab dem 23. Dezember das angelieferte Flüssigerdgas nach seiner Umwandlung in gasförmigen Zustand ins deutsche Gasnetz einzuspeisen. So soll Deutschlands Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland verringert werden.

Anvisiert ist ein Umschlag von bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr - das sind etwa 8,5 Prozent des deutschen Gasbedarfs. Niedersachsens Energieminister Lies erhofft sich in Wilhelmshaven zudem noch ein zweites Terminal, das nach seiner Einschätzung von 2023 an LNG aufnehmen könnte.