Hannover. Für viele Menschen wird es immer schwieriger, ihre Mieten zu bezahlen, geschweige denn eine erschwingliche Wohnung zu finden. Eine Landeswohnungsbaugesellschaft soll in Niedersachsen Abhilfe schaffen - darüber gehen die Meinungen in der Regierung allerdings auseinander.

Angesichts der gestiegenen Mieten hat die SPD-Landtagsfraktion die Forderung nach einer Landeswohnungsbaugesellschaft bekräftigt. "Der Markt versagt in dieser gesellschaftlich zentralen Frage, weil für die Unternehmen der Profit über dem Gemeinwohl steht", sagte die baupolitische Sprecherin der Fraktion, Thordies Hanisch, am Mittwoch in der Aktuellen Stunde des Landtages in Hannover. Mit einer Landeswohnungsbaugesellschaft müsse selbst geplant und gebaut werden.

Zugleich sollten die rechtlichen Rahmen für Bauvorhaben vereinfacht werden, erläuterte Hanisch: "Es braucht mehr Flexibilität im Baurecht. Es kann nicht sein, dass die Bebauung eines Hinterhausgrundstücks einen neuen Bebauungsplan unter Beteiligung von Umweltbehörde, Wasserbehörde, Denkmalschutzbehörde und Bauaufsicht erfordert."

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte zuletzt die Forderung nach einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft untermauert, in der Koalition mit der CDU scheint dies jedoch nicht umsetzbar. CDU und FDP sprachen sich im Landtag dagegen aus. Im Oktober wird ein neuer Landtag gewählt. Nach jüngsten Umfragen können die Sozialdemokraten und die Grünen darauf hoffen, dass sie zusammen eine Mehrheit bekommen. Dann würde das Projekt vermutlich näher rücken.

Susanne Schütz von der FDP-Fraktion entgegnete, eine Landesbaugesellschaft wäre nicht die einfache Lösung komplexer Probleme und sei eine "Fata Morgana." Vielmehr würde ausreichend Wohnraum insgesamt die Preise mindern.

Der CDU-Abgeordnete Martin Bäumer konstatierte, die Ziele der Landesregierung beim Bau neuer Wohnungen seien nicht erreicht worden. Zudem verzeichne Niedersachsen unter allen Bundesländern den höchsten Rückgang an Sozialwohnungen. Bäumer zufolge muss über ein Baukindergeld im Bundesland nachgedacht werden. Zudem sei mehr Bauland auszuweisen, damit der Markt wieder funktioniere. Als Argument gegen eine Gesellschaft sagte er unter anderem, dass diese auch die gleichen Baulandpreise bezahlen müsste.

Der Grünen-Politiker Christian Meyer betonte, das Bundesland brauche öffentliches Bauen - dies sei überfällig. Wie aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von Meyer vor mehreren Wochen hervorging, sank der Bestand an Sozialwohnungen im Bundesland weiter.

Ende vergangenen Jahres waren es laut Antwort der Landesregierung rund 55 000 Sozialwohnungen und damit knapp 5000 weniger als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken; 2015 waren es beispielsweise noch etwa 90.000. Sozialwohnungen im Bundesland. Die Wohnungskaltmieten in Niedersachsen stiegen laut der Antwort von durchschnittlich 7,72 Euro pro Quadratmeter in 2020 auf 8,15 Euro im vergangenen Jahr, somit um knapp sechs Prozent.

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