Hannover. Der Ukraine-Krieg hat die Sorge vor einem Energie-Engpass angefacht. Auf der Suche nach Lösungen will die Hannover Messe im Frühjahr als Vermittler zwischen Politik und Wirtschaft auftreten. Trotz Corona soll die Industrieschau wieder als physische Messe stattfinden.

Die Neuausrichtung der Energieversorgung in Europa soll in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Hannover Messe werden. Die weltweit führende Industrieschau, die Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Mai eröffnet, will dabei insbesondere den Austausch von Politik und Wirtschaft voranbringen. "Wir haben durch den Ukraine-Krieg ein Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit und Klimaschutz", sagte Messechef Jochen Köckler der Deutschen Presse-Agentur. Am Mittwoch (12 Uhr) stellen die Veranstalter einen Ausblick auf die Messe vor.

Themen wie eine klimafreundlichere Produktion sowie die Nutzung von Wasserstoff und anderen erneuerbaren Energien seien ohnehin vorbereitet gewesen. Die Unternehmen hätten in diesem Bereich eine hohe Investitionsbereitschaft, sagte Köckler. Kurzfristig sei nun noch die Diskussion über die Versorgungssicherheit hinzugekommen. Die Transformation müsse jetzt noch schneller und effizienter gelingen.

"Die deutschen und europäischen Unternehmen werden auch ein Stück weit ihre technologischen Muskeln zeigen und deutlich machen: Wir sind vorbereitet. Wir haben immer über Innovationen den Standort nach vorne gebracht", skizzierte Köckler seine Erwartungen.

Eine stabile Energieversorgung sei eine notwendige Bedingung, um produzieren zu können, sagte der Messechef. Die Hannover Messe setze daher auf einen Dreiklang aus politischen Botschaften, dem direkten Austausch von Politik und Wirtschaft sowie Exponaten, die wieder auf dem Messegelände ausgestellt werden sollen. Im vergangenen Jahr fand die Hannover Messe coronabedingt nur digital statt.

Auch in diesem Jahr hat Corona die Planung beeinflusst: Ursprünglich sollte die Messe bereits Ende April stattfinden und fünf Tage dauern. Stattdessen steigt sie nun vom 30. Mai bis 2. Juni über vier Tage.

Partnerland ist Portugal, zur Eröffnung wird neben Bundeskanzler Scholz auch Portugals Premier Antonio Costa erwartet. Auf der Gästeliste stehen außerdem EU-Kommissionsvize Frans Timmermans und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Mit rund 2500 Ausstellern rechnen die Organisatoren derzeit - deutlich weniger als vor der Pandemie, als sich meist etwa 5000 bis 6000 Aussteller präsentierten. Das zunehmend isolierte Russland spielte jedoch schon vor dem Angriff auf die Ukraine nur eine untergeordnete Rolle für die Hannover Messe: Lediglich drei russische Aussteller waren diesmal vorgesehen, sie fallen nun weg.

Russland sei kein "Technologieanbieter-Land" wie andere Länder, die auf der Messe ausstellen, erklärte Köckler. Auch auf der Besucherseite war Russland kein maßgeblicher Faktor. Im Vor-Corona-Jahr 2019 kamen lediglich rund 2000 von 215.000 Besuchern von dort. Eine Prognose zur diesjährigen Besucherzahl wollte Köckler noch nicht abgeben.

Derzeit wird das Messegelände in Hannover auch als Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine genutzt, der Messebahnhof in Laatzen ist ein bundesweites Drehkreuz zur Verteilung der Kriegsflüchtlinge. Diese Nutzung der Messehallen sei während der Industrieschau jedoch nicht mehr möglich, sagte Köckler. "Dann ist da Messe." Es werde aber aktuell geprüft, ob die Hilfe woanders auf dem Messegelände weitergeführt werden kann, wenn der Bedarf noch besteht.

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